Antizipationsfähigkeit, Reaktionsvermögen und Mut. Das sind laut Jeremy Spierer drei wesentliche Eigenschaften, wenn es darum geht, die Strasse mit all ihrem bunten Treiben zu fotografieren. Unzählige und zuweilen sehr flüchtige Momente, die man nur mit geschärftem Blick und viel Übung einzufangen vermag.

Bei den Bains des Pâquis, mitten im Herzen der internationalen Stadt Genf und nur wenige Meter vom berühmten Jet d’eau entfernt, lässt Jeremy Spierer seinen Blick am liebsten schweifen. Bankangestellte in Hemdsärmeln, die ihre Mittagspause nutzen, um den Kopf zu lüften, Kleinkinder, die ausgelassen herumspringen, Rentner mit sonnengegerbten Gesichtern und junge Menschen in ihrer jugendlichen Frische. Dieser spannende Bevölkerungsmix, den dieser beliebte Ort bietet, dieses pulsierende Leben bietet viel Raum für Inspiration.

«Hier schliesse ich jeweils gerne den praktischen Teil meines Unterrichts zum Thema Strassenfotografie im Rahmen der Leica Akademie ab. Die Menschen in ihrer Alltagsblase, das Lichtverhältnis und die Szenerie der Rade sind eine wahre Goldgrube für Fotografen», erklärt Jeremy Spierer. Mit seiner treuen Leica M (Typ 240) und einem Summilux 1:1,4 / 50 ASPH, die ihn durch ihre Diskretion und Effizienz überzeugen, sammelt der Genfer Fotograf Momentaufnahmen des Lebens in der Sonne und an der frischen Luft.

Manchmal sind sie witzig, manchmal rätselhaft oder gar zärtlich – aber keine der Szenen entgeht dem wohlwollenden Blick von Jeremy Spierer. Auch wenn ihm die Bilder der grossen Meister der Strassenfotografie, insbesondere Henri Cartier-Bresson, als Inspirationsquelle dienen, verfolgt er dennoch seine eigene Philosophie: «Beim Fotografieren, insbesondere bei der Strassenfotografie, geht es vor allem darum, seine persönliche Sichtweise von der Welt zum Ausdruck zu bringen. Es ist diese Einzigartigkeit, die den Charme dieses Mediums ausmacht. Ich erinnere die Teilnehmenden der Leica Akademie zu Beginn der Workshops immer gerne daran, dass es selbstverständlich nicht verboten ist, sich von der Arbeit anderer Künstler inspirieren zu lassen, um die eigene Sichtweise weiterzuentwickeln. Das Vorgehen und der Fokus sollten jedoch individuell sein, um den eigenen Bildern Ausdruckskraft zu verleihen.»

Die Fotostrecke This Is My Lake ist Teil der fotografischen Arbeit von Jeremy Spierer. Die Strasse mit all ihren Schätzen bietet viel Raum zum Experimentieren. Bei Tag, in der Nacht, mit oder ohne Blitz, lange oder sehr kurze Pausen, überfüllte Strassen oder menschenleere Orte, abstrakte Sujets, Bilder in satten Farben oder ganz monochrom – die grosse Vielfalt seiner Sujets und Techniken zeugt von der grenzenlosen Leidenschaft des Fotografen für den öffentlichen Raum.

Auch seine Kameraausrüstung variiert er regelmässig. So nimmt zum Beispiel eine Summicron 35 mm Version IV, der berühmte «King of Bokeh», ab und zu den Platz seines gewohnten 50-mm-Objektivs auf seiner Leica M ein. Oder es gleitet eine Leica Q mit ihrem 28-mm-Zusatzobjektiv in den Rucksack des Fotografen. Dabei begleitet ihn immer die gleiche zentrale Frage: Wie kann man seine Empfindungen, seine tieferen Beweggründe, die einen dazu bringen, etwas zu fotografieren und damit die Schönheit und Vielfalt festzuhalten, die uns im Alltag umgeben, am besten zum Ausdruck bringen?

Instagram @jeremyspierer

www.jeremyspierer.com