Mit dem Fotografie-Allrounder Leica Q2 setzt der Schweizer Fotograf Marc Ninghetto Werbe- und Editorial-Shootings in Szene. Auf seinen Bildern verschmelzen die Körper der Models mit ihrer Umgebung.

 Sie sind Modefotograf, aber auf Ihren Bildern scheint die Mode oft im Hintergrund zu stehen, Sie geben der Kulisse mehr Raum. Was steckt dahinter?

In der Tat. Wenn ich fotografiere, versuche ich immer, das Bild in seiner Gesamtheit zu erstellen. Dabei geht es eben nicht nur um den Vordergrund, sondern um das Bild als Ganzes. Die Einrichtung, das Dekor und die allgemeine Atmosphäre sind dabei von entscheidender Bedeutung. Die kommerzielle Seite der Inszenierung soll der Betrachter ausser Acht lassen können und Zugang zu unserer Welt bekommen.

Was ist bei dieser Inszenierung Ihrer Aufnahmen zuerst da: Das Model und das Produkt oder das Interieur, in dem sie aufgenommen werden?

Die Arbeit am Ort ist wichtig, um den Charakter richtig in seine Umgebung zu integrieren. Zuallererst aber konzentriere ich mich auf mein Motiv, der Rest erfolgt intuitiv.

Auffällig an Ihren Bildern ist die Nähe der Models zu Landschaften in den Bergen oder am Meer. Stehen die Landschaften in einem Zusammenhang zu der Mode oder den Produkten, die getragen werden?

Im Allgemeinen probiere ich immer, starke Settings zu finden, die dem Auftrag meines Kunden entsprechen. Architektur, Landschaft, Atmosphäre – es ist eine ständige Suche nach Synthese und visuellem Gleichgewicht. Bei allem spielen auch immer meine eigenen Wünsche und mein Geschmack eine Rolle.

Was fasziniert Sie an der Modefotografie? Sehen Sie neue Herausforderungen in Zeiten von Instagram & Co?

Was mir an meinem Job gefällt, ist die Interaktion mit den Menschen. Die neuen Medien haben für die Fotografie natürlich eine Reihe neuer Möglichkeiten eröffnet. Aber ich fürchte, wir werden bald davon gesättigt sein. Auf der einen Seite gibt es die Option, mehr Menschen in kürzester Zeit zu erreichen, auf der anderen Seite kann gar nicht mehr richtig „gesehen“ werden, weil die Bilderflut zu gross ist … Die Herausforderung ist, den Kopf über Wasser zu halten.

Der Modefotograf Peter Lindbergh hat einmal gesagt, dass Mode gefährlich sei, weil man sich dahinter verstecken könne.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich genau verstehe, was er meinte. Aber zumindest kann das Bild, das die Mode um Aussehen und Oberflächlichkeit herum aufbaut, gefährlich sein. Es spiegelt die Realität nicht wider.

Oft stehen die Models auf Ihren Fotografien farblich auch in einem Zusammenhang zur Umgebung. Beide Elemente – Objekt und Raum – scheinen ineinander überzugehen. Ist das Ihre fotografische Herangehensweise?

Ja, ich achte immer sehr auf die Konstruktion, Ästhetik und Kohärenz der Elemente in meinen Bildern.

Sie haben für Ihre Aufnahmen eine Leica Q2 verwendet. Was ist für Sie das Besondere an der Kamera – und was prädestiniert sie Ihrer Meinung nach für die Modefotografie?

Ich arbeite mit der Leica Q2, weil ich dadurch sehr instinktiv fotografieren kann. Die Grösse der Kamera, ihr Gewicht, das intuitive Bedienkonzept und die hohe Flexibilität sind ebenso wie ihre optische Klasse ein echtes Plus. Die Q2 liefert eine Auflösung, die der meiner besten Ausrüstung entspricht. Das ermöglicht mir, sie in meinen üblichen Arbeitsprozess zu integrieren. Selbst bei Werten von ISO 800 oder 1000 haben die Bilder eine einzigartige Qualität. Und die Schärfe ist beeindruckend!

Welche Technik haben Sie sonst noch für die Shootings verwendet und welche Stilmittel, zum Beispiel Licht, sind Ihnen besonders wichtig?

Normalerweise verwende ich Tageslicht und höchstens eine zusätzliche Lichtquelle wie Blitz oder einfache Lichtrückführung. Aber das ist nur eine Referenz. Am Ende ist die Lichtmischung das Entscheidende für ein ausgewogenes Bild.

Die Darstellung der weiblichen Models auf Ihren Bildern ist sehr verschieden: Mal nackt, mal angezogen, mal verschwommen, dann wiederum sehr knallig – nach welchen Kriterien gehen Sie dabei vor?

Da ich die Bilder meist im Auftrag produziere, ist die Wahl der Darstellung in meinem Briefing festgelegt. Aber auf jeden Fall versuche ich immer, die Weiblichkeit zu sublimieren.

BIO:

Marc Ninghetto hat sich in den letzten 15 Jahren in der Mode-, Schmuck- und Uhrenindustrie einen Namen gemacht und arbeitet zumeist für Werbekampagnen. Mit einer Technik, die er «digitales Sampling» nennt, zeigen seine Bilder oftmals eine subtile Verschmelzung von Körpern und starken Materialien. Er ist Gründer der Kommunikationsagentur La Fabrique. Seine künstlerischen Arbeiten stellt er regelmässig in Galerien und auf Messen für zeitgenössische Kunst aus.