Sie ist eine ausgezeichnete Beobachterin: Micha Eicher nimmt die Betrachtenden mit in eine unbekannte Welt – einen verschwindenden Campingplatz am Vierwaldstättersee. Die Berufsfotografin hat selbst dort gelebt und ist den Menschen erstaunlich nahe gekommen, immer mit dabei – ihre Leica M. Ihre eindrückliche Fotoreportage ist als Ausstellung im Leica-Hauptsitz in Nidau sowie im demnächst erscheinenden Bildband «Der letzte Sommer» einsehbar.

Surreal, überraschend und voller intimer Einblicke: So sind die Fotos von Micha Eicher. Die Luzerner Fotografin hat den letzten Sommer eines Campingplatzes fotografisch festgehalten und damit auch ein Zeitdokument geschaffen. Der historische Campingplatz liegt an der einstigen Gotthardroute und ist einer der ältesten Campingplätze der Schweiz. «Hier haben schon anfangs der 1950er-Jahre die ersten Gäste auf der Durchfahrt in den Süden ihre Zelte aufgeschlagen», so Micha. «Und zum Teil kommen dieselben Leute heute noch immer hierher, an denselben Platz wie schon früher ihre Eltern.» Doch das findet nun ein jähes Ende. Ein Grossteil des Landes wurde verkauft und soll in Bauland umgezont werden. Was das mit den Menschen macht, was dieser Ort für sie bedeutet und was nach dem ersten Schock und der Trauer folgt: Micha Eicher zeigt genau das in ihren Fotos.

Wohnzimmer ohne Wände
Teils wirken die Bilder fast inszeniert, sehr surreal und pointiert. Es scheint, als würden die abgelichteten Personen gar nicht realisieren, dass eine Kamera da ist. «Die Wohnzimmer auf einem Campingplatz haben keine Wände», sagt Micha. «Auf einem, der verschwinden soll erst recht nicht, denn dort wird der Moment noch viel mehr ausgekostet und zelebriert.» Michas Fotos lassen in den Mikrokosmos eintauchen. Entstanden ist eine Mischung aus authentischen Porträts, vermeintlich idyllischen Landschaftsfotos und skurrilen Details. «Vorne atemberaubendes Panorama, im Nacken eine Grossbaustelle. Menschen tun sich zusammen und die Zeit scheint stehen geblieben. Das hat eine ganz eigene Dynamik.»

Das Ende eingefangen mit der M
Die Mehrheit der Fotos hat Micha mit der M10 und später mit der M11 fotografiert. «Das ist meine Lieblingsreportagekamera», sagt Micha. «Sie ist unauffällig, handlich und ihre Qualität ist unübertreffbar. Die Menschen haben keine Angst von der Kamera, weil sie so analog aussieht, das ist mir wichtig.» Ihre Leica nahm sie überall hin, sogar wenn sie frühmorgens zur Toilette gelaufen ist. «Dabei ist so manch unerwartetes Bild entstanden», sagt sie lachend. Micha hat mehrere Wochen selbst in ihrem orangen Vintage-VW-Bus auf dem Platz gelebt. Sie selbst mag eigentlich keine Campingplätze, doch jener in Merlischachen ist eine Ausnahme: «Zu wissen, dass sie den letzten Sommer hier verbringen, hat etwas mit den Menschen gemacht. Plötzlich haben sie sich zusammengetan und angefangen sich zu organisieren. Das war sehr eindrücklich.» Ob spontane Tavolata, Yoga-Event oder Klangschalenkonzert: Die Gäste wurden zu einer Art Schicksalsgemeinschaft. «Das ist ziemlich unüblich, das drohende Ende hat alle zusammengeschweisst.»

Die Botschaft
Micha selbst will mit ihrer Arbeit auch eine Botschaft vermitteln: «Mir ist es ein Anliegen, dass wir über unsere verbleibenden Freiräume nachdenken, bevor sie alle weg sind. Wie wollen wir künftig mit Seeanstoss umgehen: Bleibt die Nutzung ein paar wenigen Privilegierten vorbehalten oder gibt es gemeinsame Nutzungskonzepte des Teilens wie beispielsweise Campingplätze oder Tiny-House-Siedlungen?» Im Buch finden sich bewusst keine Antworten. «Ich möchte den Raum den Menschen überlassen. Ganz ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit umso mehr Empathie, um sich in ihre Sichtweise hineinzuversetzen.» Man kann das Buch rein fotografisch, auf Menschen und ihre Geschichten fokussiert oder auch gesellschaftskritisch betrachten und lesen », so die Autorin.

Durch und durch auf Leica fokussiert
Mit Leica fotografiert die Berufsfotografin bereits seit über sieben Jahren. Sie hat ganz gezielt nach und nach das gesamte Equipment ihrer Text- und Foto-Agentur scharfsinn auf Leica umgestellt: «Ich bin total überzeugt von der Qualität der Fotos und vom malerischen Look, dass ich jeden Tag damit arbeiten möchte. Das schätzen auch meine Kund*innen.» Micha ist auch Referentin für Leica Camera Schweiz und organisiert unter anderem Workshops für Reportage- und Slow Photography. «Leica ist für mich die perfekte Wahl, wenn es um bewusstes Fotografieren geht. Das versuche ich wenn möglich auch im hektischen Alltag zu leben.» Denn einzigartige Einblicke hinter die Kulissen, das sind auch im Berufsalltag ihre liebsten Sujets.

Von: Janine Rebosura

 

Crowdfunding
Das Buch erscheint im August und wird vom anda verlag, Zürich herausgegeben. Wer jetzt vorbestellt, kriegt das Buch inklusive persönlicher Widmung der Fotografin. Diese organisiert aktuell ein Crowdfunding, um die letzten anfallenden Produktionskosten zusammenzubringen. Hier finden Sie mehr Infos dazu: www.scharfsinn.ch/der-letzte-sommer/

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