Die eigenartige, wunderbare Street Photography von Siegfried Hansen mit ihrem feinen Verständnis von Grafik und Farbe schafft eine oft humorvolle Ästhetik des Zufalls. Hansen zeigt uns eine Welt voller Überraschungen. Seine Arbeiten wurden in den Büchern „Street Photography Now“ von Thames and Hudson und „100 Great Street Photographs“ von David Gibson vorgestellt. Hansen ist Mitglied des renommierten Street-Photography-Kollektivs iN-PUBLiC. Er war Redner und Juror bei vielen Fotofestivals auf der ganzen Welt, während sein international anerkannter, mehrfach ausgezeichneter Fotoband „Hold the line“, erschienen im Kettler Verlag, vergriffen ist und antiquarisch hoch gehandelt wird. Wir sprachen mit Hansen über seine Einflüsse, sein Faible für die Leica Q und darüber, wie er seine fantastischen Fotos aufnimmt.

Wie sind Sie mit Street Photography in Berührung gekommen?

Ich habe als typischer „Schnappschuss“-Fotograf angefangen. Dann, 2002, sah ich eine Ausstellung von André Kertész, die mich ungemein beeindruckt und meine Sicht auf die Welt völlig verändert hat. Damals entdeckte ich meine Leidenschaft für die Street Photography und trage seither meine Kamera immer bei mir.

Wer hatte den größten Einfluss auf Ihren Stil? Welchen Street Photographer bewundern Sie am meisten?

Mich hat eine ganze Reihe von Künstlern beeinflusst – sowohl Fotografen als auch Maler. Zum Beispiel die Werke von André Kertész, Ernst Haas, Henri Cartier-Bresson und Ray K. Metzker oder von Malern wie Lyonel Feininger und Piet Mondrian. Die Bauhaus-Bewegung hat mich ebenfalls stark geprägt. Unter dem Einfluss all dieser großen Künstler entwickelte ich schließlich meinen eigenen Stil.

Die Street Photography ist meine Art, einzigartige Bilder im öffentlichen Raum zu schaffen, indem ich grafische Elemente, Farben und faszinierende Kombinationen von Menschen und Objekten auf harmonische, aber überraschende Weise verbinde. Ich mag die Ästhetik von Linien, Mustern und Formen. Ich bemühe mich, Bilder mit einer „zweiten Ebene“ zu schaffen, etwa indem ich scheinbar unverbundene Elemente innerhalb meines subjektiv gewählten Ausschnitts zusammenführe.

Wie kommen Sie zu diesen fantastischen, oft sehr lustigen, zufälligen Aufnahmen? Ist es nur eine Frage der richtigen Zeit und des richtigen Orts oder steckt mehr dahinter?

Mein fotografischer Stil ist intuitiv, ich plane nicht, etwas Bestimmtes zu fotografieren, wenn ich durch die Straßen schlendere. Ich glaube, dass die Straße eine Bühne ist. Normalerweise fallen mir zuerst die grafischen Muster eines Orts auf. Dann warte ich darauf, dass etwas Interessantes passiert, um die Szene zu vervollständigen. Nach vielen Jahren der Beobachtung merke ich schnell, ob sich eine Situation zu einem interessanten Bild entwickeln könnte.

Die Fotografie erfordert, dass mein Geist und meine Augen harmonieren, da es eine einzigartige Beziehung zwischen Raum, Zeit und Wahrnehmung gibt. Man muss sehr konzentriert sein, um diese verschiedenen Ebenen zu verbinden. Der Prozess sollte jedoch eher intuitiv sein. Andernfalls verlieren die Bilder an Charakter und werden zu „technisch“.

Sie haben so ein gutes Auge dafür, diese „zweite Ebene“ humoresker oder absurder Verknüpfungen in Ihre Aufnahmen einzuziehen. War das schon immer so oder haben Sie sich das durch jahrelanges Training angeeignet?

Ich habe keine formale akademische Ausbildung in Kunst oder Fotografie genossen. In den letzten 16 Jahren täglicher Praxis und umfangreicher Studien bei den zuvor erwähnten Künstlern und Fotografen habe ich jedoch meinen eigenen Stil und meine eigenen Techniken entwickelt. Ich weiß jetzt, wie man grafische Kompositionen am besten sieht und gestaltet. Daher ist es für mich zur Selbstverständlichkeit geworden, Situationen zu erkennen, die anderen vielleicht nicht bewusst sind, und sie innerhalb von Sekunden zu erfassen.

Offensichtlich hilft ein fotografisches Gedächtnis. Es gibt viele Dinge, die man durch Training und Disziplin lernt. Dennoch sollten Sie sowohl Theorie als auch Technik soweit verinnerlicht haben, dass Sie sich voll und ganz auf den Moment der Aufnahme konzentrieren können.

Reflexionen, Schatten, geometrische Formen und Umrisse sind wiederkehrende Elemente Ihrer Fotografie. Was sind Ihre liebsten visuellen „Werkzeuge“?

Aus meiner Sicht liefert Street Photography die besten Einzelaufnahmen. Eine starke Komposition, die Sie zum Lächeln oder Staunen bringt. Auch wenn ich selten die Gesichter von Menschen zeige, sind Menschen doch ein sehr wichtiges Element in den meisten meiner Bilder. Abgesehen davon haben Sie die wesentlichen Elemente erwähnt, die ich verwende: geometrische Formen, Linien und Licht.

Sie stammen aus Hamburg und haben dort viel fotografiert. Ist Hamburg ein Traum für Street Photographer? Wo auf der Welt entsteht nach Ihrer Meinung die beste Street Photography?

Ja, Hamburg ist eine wunderbare Stadt, die viel zu bieten hat, mehrere Großveranstaltungen im Laufe des Jahres, den Hafen, interessante moderne Architektur, und ich fotografiere gerne dort. In Deutschland sind die Persönlichkeitsrechte streng geschützt, sodass es nicht einfach ist, Menschen im öffentlichen Raum ohne ihre Erlaubnis zu fotografieren. Dadurch hat sich meine Wahrnehmung auf der Straße geändert. Ich tendiere dazu, mich eher auf abstrakte Objekte und Situationen zu konzentrieren.

Wenn ich die Wahl hätte, würde ich nach London, New York und Tokio gehen, aber ich bin auch neugierig auf Singapur, Hongkong und Bangkok, Städte die ich als nächste besuchen werde.

Sie haben diese Aufnahmen mit der Leica Q fotografiert. Wie macht sich die Q auf der Straße?

Die Leica Q ist eine sehr einfach zu bedienende Kamera. Das ist es, worum es mir geht. Ich mag es nicht, an der Bedienungsanleitung zu kleben. Die Q fühlte sich vom ersten Moment an richtig an. Sie ist handlich, schnell und macht großartige Bilder – es ist wirklich toll!

Wie beeinflusst das 28-mm-Objektiv Ihre Sicht auf die Straße? Könnten Sie uns beschreiben, wie Sie mit den Einstellungen der Leica Q umgehen?

In der Vergangenheit habe ich die 28er-Brennweite nur selten genutzt. Jetzt zwingt mich die Leica Q, meinen Protagonisten näher zu kommen. Andererseits ist sie auch sehr gut geeignet, eine ganze Szene aufzunehmen. Genau das ist es, was für meine grafischen Bilder so gut funktioniert. Die Einstellungen hängen einfach von der Situation, dem Licht und dem Moment ab.

Sie bieten auch weltweit Street-Photography-Workshops an. Erzählen Sie uns bitte mehr darüber.

Ich fotografiere seit 16 Jahren überall auf der Welt und ich unterrichte schrecklich gern Fotografie, direkt oder über das Internet. Ich leite Street-Photography-Workshops für Anfänger und Fortgeschrittene. Einzeln, in kleinen Gruppen oder online, auf Deutsch oder Englisch. Das mache ich schon seit einigen Jahren und die Teilnehmer kommen von überall her.

Welchen Ratschlag geben Sie jemandem, der sich im Genre Street Photography verbessern möchte?

Ein gutes Street-Foto ist ein Zusammenspiel von fotografischem Know-how, Ausdauer und Glück. Das zu lernen braucht Zeit und es gibt keine Abkürzungen. Ich glaube, dass nach einer gewissen Zeit jeder passable Street-Fotos abliefern kann. Wenn es darum geht, seine Fähigkeiten zu verbessern, heißt es trainieren, Bilder studieren und konstruktives Feedback von gleichgesinnten, erfahrenen Fotografen erhalten. Das sind wichtige Punkte. In vielerlei Hinsicht kann auch ein guter Workshop helfen. Aber mein wichtigster Ratschlag für alle lautet: Geh einfach raus und fotografiere!

 

Siegfried Hansens großartige Street Photography finden Sie auch auf Instagram und seiner Website, auf der Sie sich auch über seine Workshops informieren können.

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