1951 ist die Familie von Daniel Zvereff – Russen, die Jahrzehnte im chinesischen Exil lebten – in die USA emigriert. Heute lebt er als Amerikaner erster Generation in Brooklyn, New York, wo er als freiberuflicher Illustrator und Fotograf tätig ist. Schon früh in seinem Leben entwickelte Zvereff eine große Passion für das Reisen, seit 2007, als er in Thailand war, dokumentiert er seine Erfahrungen im Ausland in Form eines Reisetagebuchs, das auch detaillierte Tuschezeichnungen und Kleinbildaufnahmen enthält. Seine Reiseschriften, Fotografien und Zeichnungen sind in vielen Online- und Printpublikationen erschienen, darunter „National Geographic“, „Hypebeast“ und „Feature Shoot“.

Kürzlich hat Zvereff zusammen mit einer Freundin, der Musikerin Okay Kaya eine Cel-Animation geschaffen, die mithilfe der Leica M-P entstand. Das Ergebnis ist ein wunderbar gestaltetes Musikvideo, das Zvereffs Vorliebe für analoge Ausdrucksformen deutlich macht. Es beruht auf Kayas tiefempfundenen Song „Emulate“. Wir wollten von Zvereff mehr über seine Quellen der Inspiration und die faszinierenden Prozesse erfahren, die hinter der Produktion dieses einzigartigen Kunstwerks stehen.

Wann haben Sie das erste Mal eine Kamera in die Hand genommen? Wie hat sich Ihr Verständnis für das kreative Potenzial der Fotografie seither entwickelt?

Ich verwende Kameras, solange ich zurückdenken kann. Meine älteste Erinnerung ist, wie ich im Südosten Portlands mit der einfachen Kamera meiner Mutter Eichhörnchen fotografiert habe, die auf einer Stromleitung entlangliefen. Das war der erste Moment, den ich aktiv festhalten wollte, sechs oder sieben Jahre war ich da alt.

Meine Sichtweise auf das, was ich mit der Kamera als Werkzeug erreichen möchte, hat sich vom ersten Tag an ständig weiterentwickelt.

Die Tuschezeichnungen in Ihren Tagebüchern sind ein wichtiger Bestandteil Ihrer Reisegeschichten, von denen wir in der Vergangenheit bereits einige im Blog vorgestellt haben. Wie haben Sie Ihre Leidenschaft für Illustrationen entdeckt?

Ich wuchs als Einzelkind mit begrenzten Fernsehprivilegien in der Zeit vor dem Internet auf. Ich stelle mir vor, dass sich meine Leidenschaft für das Zeichnen aus der Notwendigkeit ergab, mein Gehirn in Bewegung zu halten. So war es ganz natürlich, dass ich kurz nach der Highschool anfing, Reiseberichte zu schreiben. Es war ein Mittel, das aufzuzeichnen, was ich unterwegs erlebt habe. Aber es war erst 2007 in Bangkok, dass ich das Potenzial entdeckte, das darin steckte, meinen illustrativen Stil mit der Kultur und den visuellen Eindrücken der fremden Welt zu verbinden, in der ich mich befand.

Wie beeinflussen sich Ihre Disziplinen Fotografie und Illustration gegenseitig?

Für mich fühlen sie sich nicht getrennt an, da beide Ausdrucksformen derselben Windung meines Gehirns entstammen. Deshalb zeichne ich oft mit Blick auf die Fotografie und umgekehrt.

Wie kam es zu Ihrer Zusammenarbeit mit Okay Kaya?

Okay und ich sind seit fast einem Jahrzehnt enge Freunde. Wir beide haben unsere Leidenschaften und unser Handwerk seit vielen Jahren parallel entwickelt. Für uns war die Zusammenarbeit alles andere als eine theoretische Vorstellung, da wir so viel Einfluss aufeinander haben.

Was hat das Konzept des animierten Musikvideos inspiriert? Welche Bedeutung haben die einzelnen Motive?

Die Auseinandersetzung mit dem Dualismus, den menschlichen Emotionen und wie sie sich in die subjektive Erfahrung integrieren, ist die Grundlage meiner Zeichnungen. Das wollte ich aus einer übergreifenden, universellen Perspektive betrachten und Bilder mit einer gewissen visuellen Mehrdeutigkeit schaffen, damit die Betrachter ihre eigenen Emotionen und Erfahrungen mit den bewegten Bildern verbinden können.

Während meiner Forschungen zum Dualismus entdeckte ich die faszinierende Theorie des Welle-Teilchen-Dualismus, der später zum zentralen visuellen Konzept des Videos wurde. Die Theorie geht davon aus, dass Materie auf subatomarer und sogar atomarer Ebene nicht nur aus Teilchen, sondern gleichzeitig auch aus Wellen besteht. Albert Einstein hat es so ausgedrückt: „Es scheint, als müssten wir manchmal auf die eine Theorie und manchmal auf die andere zurückgreifen. Manchmal können wir sogar beide verwenden. Wir stehen vor einer neuen Art von Schwierigkeit. Wir haben zwei widersprüchliche Bilder der Realität; einzeln erklärt keines von beiden die Phänomene des Lichts vollständig, zusammen aber schon.“

Können Sie uns den technischen Kern dieses Projekts beschreiben?

Bei dem Video handelt es sich um eine sogenannte Cel-Animation. Das bedeutet, dass ich jedes Filmbild zunächst auf Papier zeichne. Das Video ist on-two-animiert. Das bedeutet, dass ich für eine Sekunde Film nicht 24 Bilder (on-one) zeichne, sondern zwölf, die sich jeweils einmal wiederholen.

Das Erstellen der Animation dauerte von der Entwicklung des Konzepts bis zum fertigen Film etwa acht Monate.

Wie wird aus den Standbildern eine Animation?

Nachdem ich alle Bilder gezeichnet hatte, digitalisierte ich sie mit der Leica M-P auf dem Fußboden meiner Küche und übertrug sie dann auf den Computer. Dort sortierte ich sie in eine Timeline in After Effects ein.

Wie hat sich die Leica M-P dabei gemacht?

Ziemlich perfekt! Meine großformatigen Holzkohle- und Pastellzeichnungen zu fotografieren, war ein Experiment für mich. Sie in bewegte Bilder zu verwandeln, war nicht einfach, bei der Entwicklung eines Systems zur Aufnahme und Sequenzierung von Standbildern bin ich nach der Trial-and-Error-Methode vorgegangen. Ich bin mir sicher, dass erfahrene Animationskünstler über mein Vorgehen lachen würden, aber es war ja mein erster Versuch.

Die Leica M-P passte aufgrund ihrer Einfachheit hervorragend in die Gleichung. Ich weiß, dass Einfachheit eines der Verkaufsargumente für das M-Systems ist, und das ist großartig für eine Animation. Mein Vorgehen erforderte, dass die Belichtungseinstellungen und die Fokussierung über Stunden oder gar Tage exakt dieselben bleiben. Da ist es ein großer Vorteil, eine vollständig manuelle Kamera zu haben, da es während des Animationsprozesses, der Tage dauern kann, keine automatischen Belichtungseinstellungen oder Fokusveränderungen geben darf.

Was waren die größten Herausforderungen bei diesem anspruchsvollen Projekt?

Die Zeit dafür zu finden und meinen Verstand nicht zu verlieren!

Woran arbeiten Sie im Moment? Was werden wir in naher Zukunft Neues von Ihnen sehen?

Ich beende gerade mein nächstes Reisetagebuch, an dem ich viele Jahre gearbeitet habe. Und ich bin etwa zur Hälfte mit meiner ersten animierten Kurzgeschichte fertig. Beides erscheint in den kommenden Monaten.

Welchen Rat geben Sie jemandem, der sich in an einer Cel-Animation versuchen will?

Experimentiere!

 

Weitere Illustrationen und Fotografien von Daniel Zvereff finden Sie auf seiner Website und auf Instagram.

 

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