Intro
Mit sechs Beduinen, neun Dromedaren, einem Hund, zwei Leica SL und drei Objektiven zog die Fotografin Xiomara Bender fünf Tage lang durch die Wüstenregion M’Hamid in Marokko. In den ausgedehnten Dünenlandschaften von erhabener Schönheit begleitete Bender den Regisseur Sönke Wortmann, Glücksforscher Richard Kong und Zukunftsforscher Prof. Dr. Thomas Druyen bei einem Experiment: schweigend die Stille der Wüste zu erfahren. In ihrer von kinematografischen Farben geprägten Serie „The Great Silence“ erzählt sie mit ihrem ganz eigenen Vokabular von den Eindrücken und Erfahrungen in der Wüste, die allen Beteiligten einiges abverlangte.

An dieser Stelle gibt Bender Einblick in die Herausforderungen, vor die dieses Projekts sie stellte, das Arbeiten in einer extremen Klimazone und die Sprache der Fotografie.

Was war das Besondere an der Serie „The Great Silence“?
Das Projekt war für mich eine so niemals erwartete, einzigartige Erfahrung, die bis heute nachwirkt. Ein singuläres Unterfangen ohne Drehbuch: „unscripted reality“, diktiert von der Kompromisslosigkeit einer unwirtlich kargen und, vielleicht auch gerade deshalb, gleichzeitig so faszinierenden Landschaft, die keine Fehler verzeiht und stets das Maximum fordert. Die Reise durch die Wüste als Reise zum Innersten des eigenen Seins.

Mit dabei waren Regisseur Sönke Wortmann, Glücksforscher Richard Kong und Zukunftsforscher Prof. Dr. Thomas Druyen. Worum es ging es auf dieser Expedition?
Um drei bemerkenswerte Persönlichkeiten im ultimativen Selbstversuch strikten Verzichts auf Sprache als wichtigsten Mittels zwischenmenschlicher Interaktion. Wie kann ich einfangen und erlebbar machen, was das Spiel der Augen, Gestik und Körperhaltung für den Bruchteil einer Sekunde preisgeben werden? Wie kann ich das Prozesshafte einfangen, wenn Worte fehlen, um zu verstehen? Das waren die Fragen, mit denen ich mich im Vorfeld befasst hatte.

Haben Sie fotografische Vorbilder?
Eines meiner wichtigsten Vorbilder ist Sebastião Salgado. Seine Fotografien sind politisch, wollen und müssen es sein, er schürt ein Bewusstsein für die Kostbarkeiten der letzten unberührten Orte dieser Erde, ein Appell an unsere Zivilisation, nicht wegzuschauen. Und so versuche ich mit dem Medium der Fotografie auf meine ganz eigene Art politisch zu sein, politisch ohne Partei zu ergreifen. Ich lenke den Fokus auf die Menschen, das Individuum und versuche immer in Bewegung zu bleiben, meinen Blick immer wieder neu zu justieren.

Welche Rolle spielen die Farben in „The Great Silence“?
Die Wüste zu fotografieren, ist eine ganz besondere Herausforderung. Nicht alles, was sich dem Auge als atemberaubend darstellt, spiegelt sich später in der Fotografie wider. Das Schöne an unsere Route war, dass sich die Wüste auf ganz unterschiedliche Weise gezeigt hat. Wir kamen nicht nur an hohen Sanddünen, sondern auch an Felsformationen, grünen Landschaften und ausgetrockneten steinig-kargen Gegenden vorbei. Die Farben waren also ganz verschieden. Dazu kamen die herrlichen Rot- und Orangetöne gegen den strahlend blauen Himmel, der sich am frühen Morgen und vor Einbruch der Dunkelheit zum Teil auch rosa zeigte. Beeindruckend war auch das Schwarz verdorrter Bäume auf ockerfarbenem Lehmboden.

Eine Landschaft wie die Wüste ist eine Herausforderung für das Kamera-Equipment. Wie sind Sie damit zurechtgekommen?
Körperlich war es für mich eine große Herausforderung, in der Hitze ständig die Perspektiven zu wechseln und die Kamera immer vor dem feinkörnigen Sand der Sahara schützen zu müssen. Ich hatte immer eine Weste an und einen Schal als Turban um den Kopf, damit konnte ich den Staub ganz schnell von der Kamera fernhalten. Die Temperaturen in der Wüste variierten bis zu 20 Grad, das hat natürlich Auswirkungen auf die Lebensdauer der Akkus. Ich habe sie nachts immer mit in meinen Schlafsack genommen.

Wie hat sich das Leica Equipment sonst bewährt?
Die SL entschleunigt mich, weil ich ihr vertraue. Ich schätze die etwas zu hohe Sättigung im Blau- und Rotbereich und das cremige Bokeh der Offenblende. Das „Korn“ und die an sich schon sehr warmen Aufnahmen, der unglaubliche Farbraum und Dynamikumfang in den Höhen wie auch im Schatten machen den Leica Look für mich unverzichtbar.

Welchen Raum nimmt bei Ihnen die Nachbearbeitung der Bilder ein?
Wirklichkeit ist das, was sich dem Fotografen in der Gestalt anbietet, in der er die Umgebung als real erfasst. Diese zwingend subjektive Realität gestaltet er unter anderem durch den für das Bild gewählten Ausschnitt. Der Betrachter kann sich dann nur noch mit dieser ihm angebotenen Realität auseinandersetzen. Das ist für mich die Grundlage für den Schritt, den er über das Bild hinaus in das Reich der Fantasie macht. Somit beginnt die Arbeit eigentlich erst nach dem Fotografieren, wenn es darum geht, sich für ein Motiv und eine Aussage zu entscheiden. Ich beschneide keine Bilder und verwende ausschließlich Lightroom als Archiv und Bildbearbeitungs-Tool für Helligkeiten und Kontraste, wenn es um meine dokumentarische Arbeit geht. Ich kann mich der Meinung von Ansel Adams anschließen: „Zwölf gute Fotos im Jahr sind eine gute Ausbeute.“

Was treibt Sie immer wieder an?
Ich bin immer wieder auf der Suche nach dem einzigen Bild, das eine Geschichte komplett erzählt. Fotografie ist für mich eine Sprache, sie ist über 200 Jahre alt und man muss zuhören können und wach sein, um zu verstehen. Die Menschen oder Landschaften auf meinen Fotografien sind Botschafter und Projektionsfläche zugleich. Meine Empathie bei der Aufnahme, die fotografisch eingefangene Gefühlswelt der Porträtierten und der emotionale Erfahrungshorizont der Rezipienten – das ist der Dreiklang, der für mich die Wirkung einer Fotografie ausmacht, und damit der Indikator für ein gelungenes oder weniger gelungenes Bild.

„Die Wüste zu fotografieren, ist eine ganz besondere Herausforderung. Nicht alles, was sich dem Auge als atemberaubend darstellt, spiegelt sich später in der Fotografie wider.“

 

Bio
Xiomara Bender wurde 1987 in Basel, Schweiz, geboren. Im Laufe ihrer Karriere erhielt sie bereits eine Reihe nationaler und internationaler Preise, darunter den C/O Berlin Preis für junge Fotojournalisten, den London Fine Art Photography Award und den Deutschen Fotobuchpreis 2018 in Silber für ihren Fotoband „North Korea. The Power of Dreams“, der 2016 im Kehrer-Verlag erschien. Neben Reportageprojekten widmet sich Bender der Porträtfotografie und begleitet die Bühnenproduktionen der Tiroler Festspiele.

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Equipment:
Leica SL mit Elmarit-R 1:2,8/28, Summilux-SL 1:1,4/50 ASPH. und Apo-Summicron-SL 1:2/90 ASPH.