Mit überraschenden Perspektiven schuf Torsten Andreas Hoffmann die Serie Frankfurt – Stadt der Kontraste. Im März 2019 erschien der gleichnamige Bildband im Societäts-Verlag. Ein Gespräch über Architektur als Spiegel der Zeit und den Reiz der Schwarz-Weiß-Fotografie.

Sie haben diese Serie in Schwarz-Weiß fotografiert – warum?
Frankfurt ist, ähnlich wie etwa New York, eine sehr grafische Stadt, denn sie besteht, wie jeder weiß, aus einem Zentrum mit vielen Wolkenkratzern, die eine starke grafische Struktur haben, und das ist schon prädestiniert für die Schwarz-Weiß-Fotografie. Hinzu kommt, dass man Frankfurt, darin ebenfalls New York ähnlich, auch heute noch in Schwarz-Weiß verkaufen kann. Leider geht das nur noch mit wenigen Orten. Eine „Geo“-Redakteurin sagte mir einmal, bei Schwarz-Weiß glauben die Leute häufig, sie bekommen weniger fürs Geld, dabei ist es in Wirklichkeit genau umgekehrt, Schwarz-Weiß ist künstlerischer, abstrahierter, nicht so „geschwätzig“ wie Farbe und erfordert eine extrem sorgfältige Bildbearbeitung, der Betrachter bekommt also eher mehr für sein Geld.

Frankfurt ist als Mainhattan oder Bankfurt bekannt – wie nennen Sie die Stadt?
Frankfurt ist gewiss die amerikanischste Stadt in Deutschland. Als ich in den 70er-Jahren zum ersten Mal dorthin kam, war sie die verrufenste Stadt Deutschlands, heute ist sie wesentlich lebenswerter geworden. Architektonisch betrachtet hat Frankfurt allerdings wieder nachgelassen, wirklich besondere Hochhäuser wie der Messeturm oder das Commerzbank-Hochhaus von Norman Foster entstehen, abgesehen vom Neubau der EZB, nur noch selten. Was mich neuerdings etwas stört ist, dass in Frankfurt, dem Zentrum des Kapitalismus, der Unterschied von arm und reich bis superreich immer deutlicher sichtbar wird. Wimmelt es rund um den Goetheplatz von teuren Porsches, sieht man ein paar hundert Meter weiter hinter der Konstablerwache fast nur noch Zuwanderer, die zum Großteil Billiglohnarbeiter sind und in den umliegenden 1-Euro-Läden einkaufen. So gesehen ist Frankfurt deutlicher Spiegel einer Gesellschaft, die sich spaltet und bei der die Mitte immer weiter wegbricht, ohne dass die Politik ernsthaft etwas dagegen unternimmt.

Ihr fotografisches Portfolio ist sehr breit und vielfältig – was genau reizt Sie an der Architekturfotografie?
Ich habe viele Jahre nur Schwarz-Weiß-Fotografie betrieben und hatte dann genug davon, wollte andere Dinge wie konzeptuelle Fotografie oder Fotografie mit Unschärfe ausprobieren. Die Schwarz-Weiß-Fotografie ist allerdings meine Basis geblieben, und sie ist, wie schon erwähnt vom Charakter her sehr grafisch, sodass gerade moderne Architektur ein Sujet ist, das ihr sehr entspricht. Seit vielen Jahren arbeite ich an einer Serie Mensch und Raum, in der ich meist einen Menschen, oft schablonenartig, in moderne Architektur einbette. In dieser Serie ist der Mensch meist sehr klein und unwichtig und wirkt wie ein Rädchen in einem Riesengetriebe, bei dem das Funktionieren wichtiger ist als der Mensch. Da sind viele Bilder in Frankfurt entstanden. Im Übrigen wäre ich fast Architekt geworden, habe mich dann aber doch für die Fotografie entschieden.

„Die Baukunst soll ein Spiegel des Lebens und der Zeit sein“ – stimmen Sie dem Zitat von Walter Gropius zu?
Ja, diesem Zitat stimme ich zu und es passt hervorragend auf Frankfurt. Frankfurt war und ist die deutsche Hauptstadt des Geldes und das ist natürlich im Erscheinungsbild sichtbar. Es war die erste Stadt Deutschlands, bei der schon in den 7oer-Jahren die Immobilienspekulation wichtiger war als das Erscheinungsbild der Stadt und so wurden damals trotz riesiger Proteste mitten in ein Gründerzeitviertel 44-geschossige Hochhäuser gebaut.
Inzwischen hat man sich an daran gewöhnt …
Ich finde es sogar interessant wegen der Kontraste und mag auch die meisten Hochhäuser. Was ich weniger mag, ist die Gesichtslosigkeit der jetzigen Architektur. So wurde in Frankfurt ein ganzes neues Viertel aus dem Boden gestampft, das Europaviertel, hässliche, gesichtslose Architektur, unglaublich teuer und die Folge ist, dass im gewachsenen, benachbarten Gallusviertel die Mieten steigen.

Mit welchem Equipment haben Sie gearbeitet und wie waren Ihre Erfahrungen damit?
Meine Architekturfotografie erarbeite ich mit einer Canon 5DSR und meine Street-Fotografie mit der ziemlich neuen Leica CL. Die kleinere und leichtere Leica habe ich immer bei mir. Sie ist wesentlich unauffälliger und erleichtert mir die unbemerkte Fotografie von Menschen, da ich nicht auf weite Entfernung hin schon als Profi erkennbar bin. Mit ihrem 24 Megapixel großen APS-C-Sensor erzeugt sie auch eine erstaunlich gute Bildqualität. Was ich allerdings noch vermisse, ist ein Bildstabilisator.

Mehr über die Arbeiten von Torsten Andreas Hoffmann erfahren sie auf seiner Website.

Kurzbio:
Torsten Andreas Hoffmann ist preisgekrönter Fotograf, Buchautor und leitet Fotoworkshops. Er studierte Kunstpädagogik mit Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Fotoreisen führten ihn u. a. nach Indien, Indonesien, Mexiko, Nepal, in die Türkei, die USA, die Sahara und die Vereinigten Arabischen Emirate. In zahlreichen Ausstellungen renommierter Galerien und über 20 Fotobüchern sind seine Arbeiten zu sehen. Nationale und internationale Magazine wie „Geo“, „Merian“, „Photographie“ oder „mare“ haben seine Arbeiten veröffentlicht. Er ist Mitglied der Münchner Bildagentur Look, des BBK Frankfurt und der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh). Hoffmann lebt bei Frankfurt und in Goslar. 2019 erschien der Band „Frankfurt – Stadt der Kontraste“ im Societäts-Verlag (208 Seiten; deutsch, englisch, spanisch).

Porträt: © Annette Engelbrecht

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