Historische Kameras sind ihr Gewicht in Gold wert – kaum jemand weiß das besser als Douglas So. Der Autor und leidenschaftliche Kamerasammler ist nicht nur ein Experte auf dem Gebiet der Leica Raritäten, sondern hat in Hongkong auch das F11 Foto Museum und die Galerie f22 foto space eröffnet. Im Interview spricht er über seine liebsten Sammlerstücke, die anhaltende Beliebtheit von historischen Kameras und die Erhalt seiner wertvollen Leica Perlen.

Woher rührt Ihre Leidenschaft für die Fotografie?
Fotografie spricht mich sehr direkt an. Ich mag Fotografie, weil sie so viel bietet. Sie repräsentiert eine Menge Konzepte. Sie kann mehr als tausend Worte sagen – und manchmal sogar sehr laut.

Was gab den Anstoß, dass Sie Sammler geworden sind?
Ich habe mit dem Sammeln begonnen, als ich nach der Verwendung einer M6 bei eBay eine M3 gekauft habe. Das war der Anfang der Reise, vor etwa 20 Jahren. Und danach ist die Sammlung gewachsen: Ich entdeckte immer wieder etwas Neues über Leica, und dann kaufte ich weitere Objektive, Kameras und Zubehör.

Fotografieren Sie selbst?
Ja, gerne, es macht mir sehr viel Freude! Ich mag Street Photography; und da ich historische Gebäude schätze, habe ich auch gelernt, Architektur und historische Stätten zu fotografieren.

Was ist Ihre Lieblingskamera und warum?
Normalerweise benutze ich eine M10 und im Moment auch eine M Monochrom. Ich denke darüber nach, zum Mittelformat zu wechseln, aber im Moment habe ich mich sehr an das M-System gewöhnt, da es sehr komfortabel ist. Ich denke, das ist das System, das ich auch weiterhin verwenden werde.

Was macht Leica Kameras und Objektive für Sie so besonders?
Abgesehen von der hervorragenden Qualität der Bilder, die Leica Systeme liefern, schätze ich auch die Designs und Innovationen. Sie sind sehr, sehr benutzerfreundlich. Wenn man sich also einmal an das Messsuchersystem gewöhnt hat, wenn man die M-Erfahrung genießt, wird man sehr leicht süchtig danach.

Haben Sie ein Lieblingsstück in Ihrer Sammlung?
Es sind zu viele! Aber unter ihnen allen gefallen mir die M-Kameras, insbesondere die MP-Kameras aus den Jahren 1956 und 1957. Sie wurden speziell für Profis hergestellt und galten nicht als kommerziell erfolgreich. Damals wurden nur 402 Kameras hergestellt; aber am Ende wurden sie wegen ihrer besonderen Eigenschaften, die es bei anderen Leica M-Kameras nicht gibt, zu Sammlerstücken. Deshalb sind die MP-Kameras heute bei Auktionen oft die begehrtesten Objekte. Sie haben auch einen hohen Wert, weil viele von ihnen von berühmten Fotojournalisten benutzt wurden.

Wenn Sie nur eines Ihrer Sammlerstücke behalten könnten, welches wäre es?
Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten! Es ist ein bisschen so, als würde man Eltern fragen, welches Kind ihr Lieblingskind ist. Wenn ich nur eine behalten könnte, wäre es höchstwahrscheinlich eine schwarz lackierte Kamera – aber ich kann mich nicht entscheiden, welche.

Einige Ihrer Kameras sind sicherlich mit schönen Geschichten verbunden. Was ist Ihre Lieblingsgeschichte?
Viele Kameras gehörten berühmten Fotografen, was meine Aufmerksamkeit erregt. Es gibt zum Beispiel eine Kamera, die sich im Besitz des berühmten Fotografen Ian Berry befand. Es handelt sich um eine M3-Kamera, die 1967 hergestellt wurde und die eine der letzten zehn schwarz lackierten M3-Kameras ist, die jemals produziert wurden. Und das Besondere daran ist, dass es Leica gelungen ist, diese M3-Kamera für den Einsatz mit dem Schnellaufzug Leicavit umzubauen; normalerweise sind sie nicht kompatibel. Für Berry gelang es Leica also, die beiden Systeme so zu konstruieren, dass sie zusammen funktionieren. Die Patina zeigt, dass der Fotograf die Kamera häufig benutzt hat, um während seiner gesamten Karriere schöne Bilder zu machen. Der Fotograf hat sogar ein Dymolabel mit seinem Namen auf die Rückseite der Deckplatte geklebt.

Diese M3 aus dem Jahr 1967 war zuvor im Besitz des Magnum-Fotografen Ian Berry.

Benutzen Sie Ihre Sammlerstücke auch?
Man muss sie benutzen. Wenn man sie zehn oder 15 Jahre lang liegen lässt, wird es meiner Meinung nach Probleme geben, auch wenn es sich um mechanische Kameras handelt. Es ist also gut, sie von Zeit zu Zeit einen halben Tag lang mit unterschiedlichen Zeiteinstellungen zu benutzen, damit sie in einem guten Zustand bleiben.

Warum, glauben Sie, sind historische Kameras so beliebt geworden?
Für mich sind sie Zeitzeugen. Eine historische Kamera nimmt Sie mit auf eine Zeitreise und gibt Ihnen ein Gefühl dafür, wie sie in ihrer Geschichte mit den früheren Besitzern interagiert hat. Sie zeigt natürlich auch die Technologien, die zu ihrer Zeit existiert haben. Wenn man eine historische Kamera vor dem Hintergrund der Entwicklung der Fotografie betrachtet, macht das die Kamera viel interessanter. Außerdem handelt es sich um analoge Kameras. Man muss verstehen, wie sie funktionieren. Ich glaube, heutzutage sind es vor allem junge Leute die diese Kameras gern benutzen. Sie wollen zu dieser Erfahrung zurückkehren. Die Tatsache, dass alles mechanisch ist, bietet der jüngeren Generationen eine ganz andere Erfahrung.

Welchen Rat geben Sie jemandem, der eine Sammlung aufbauen möchte?
Machen Sie Ihre Hausaufgaben, und schauen Sie sehr genau hin, damit Sie verstehen, was vor Ihnen liegt. Und glauben Sie nicht alles, was Sie sehen! Im Laufe der Jahre ist eine Menge Literatur über Leica Kameras, Objektive und Zubehör entstanden, die man kennen sollte. Anfänger sollten dieses Material sorgfältig studieren. Danach werden Sie in der Lage sein, zwischen dem, was echt ist, und dem, was nicht echt ist, zu unterscheiden. Es ist wichtig, ein gutes Verständnis für alte Kameras zu entwickeln und deren Besonderheiten zu schätzen. Die Freude entsteht am Ende dadurch, dass man teilt, was man weiß.

Gibt es etwas Konkretes, worauf man achten muss, damit eine Kamera ihren Wert behält oder, besser noch, im Wert steigt?
Man sollte versuchen, eine Kamera zu erwerben, die in einem guten und originalen Zustand ist, denn das ist etwas, das Wert hat. Kameras im Mint- oder annähernd Mint-Zustand zu finden, wird immer schwieriger. Jeder hofft, eine im Bestzustand zu ergattern. Wenn man eine findet, die zu 95 Prozent okay ist – Glückwunsch, behalten Sie sie! Wenn man eine findet, die zu 99 Prozent okay ist, dann nehmen Sie die und verkaufen die 95-Prozentige.

Was macht die Leitz Photographica Auction für Sie so besonders?
Für mich ist es die größte und internationalste Kamera-Auktion der Welt. Alle halbe Jahre erhält man einen Katalog mit Hunderten von Artikeln – Leica Kameras und auch solche anderer Marken. Es ist großartig, dass solche Auktionen mit so viel Aufwand und Recherchen zusammengestellt werden. Es macht mir immer wieder Spaß, im Katalog zu blättern und mich über neue Artikel zu informieren. Mit Glück kann ich manchmal sogar persönlich bei einer Auktion anwesend sein – wie im Jahr 2019. Es war eine wunderbare Erfahrung. Die Tatsache, dass Leica selbst die Auktion organisiert, sorgt bei den Bietern für Glaubwürdigkeit und Vertrauen.

Welche Kamera haben Sie über bei einer Leitz Photographica Auction ersteigert?
Ich hatte das große Glück, eine Leica MP zu erwerben, die zuvor dem Magnum-Fotografen Stuart Franklin gehörte. Es war die erste MP, die 2003 an Franklin geliefert wurde. Er reiste häufig um die Welt und nahm viele wichtige Bilder auf. Diese Kamera ist nicht nur wegen ihres früheren Besitzers berühmt, sondern auch, weil sie die erste MP-Kamera auf Basis der M6 ist, die je hergestellt wurde.

Mit welcher Absicht haben sie das F11 Foto Museum und f22 foto space gegründet?
Ich liebe Fotografie und Kameras – und ich wollte einen Ort schaffen, den Kamera- und Fotoliebhaber das ganze Jahr über besuchen können. Wenn man sich international Städte wie New York, Paris oder London anschaut, haben sie alle Einrichtungen, die der Fotografie gewidmet sind. Die Hauptidee hinter F11 ist also die Förderung der Fotografie – und gleichzeitig unterstütze ich die Erhaltung des kulturellen Erbes und die Einrichtung von Privatmuseen. f22 foto space ist im Grunde genommen eine Galerie und ein Kameraladen. Er bietet jüngeren Künstlern die Möglichkeit, ihre Werke auszustellen, und gleichzeitig bietet er Kameras für Liebhaber an.