Die Schlösser des Loire-Tals sind architektonische Meisterwerke, die sich durch geschmackvolle Dekadenz und spektakuläre Gärten auszeichnen. Eines von ihnen ist das Château de Chenonceau, ein prächtiges Gebäude mit einer fast 800-jährigen Geschichte. Seine berühmte Galerie wurde im Auftrag der französischen Regentin Katharina von Medici erbaut. Das Château de Chenonceau, das überwiegend von Frauen bewohnt war, diente nicht nur als Schauplatz extravaganter Feierlichkeiten des französischen Hofs, sondern auch als Treffpunkt bekannter Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur. Inspiriert von der außergewöhnlichen Geschichte dieses faszinierenden Ortes, schuf Letizia Le Fur eine Modestrecke unter dem Leitthema Verführung. Die Serie, in der sich betörende Landschaftsaufnahmen und verführerische Modefotografien gegenüberstehen, ist eine zutiefst reizvolle Verschmelzung von Formen, Farben und Kontrasten. Im Interview gibt die Künstlerin Einblicke in ihre Verbindung zur Malerei, die Weiterentwicklung ihres fotografischen Stils und die unverzichtbare Ausrüstung für ihre Arbeit.

An Ihren Aufnahmen sieht man, dass Sie eine sehr enge Verbindungen zur Malerei haben.
Am Anfang war die Malerei mein Ding, aber als ich an der École des Beaux-Arts studierte, wurde mir klar, dass ich nicht viel zur Geschichte der Malerei beizutragen hatte. Die Begegnung mit Valérie Belin brachte eine Wende und die Entscheidung mit sich, zur Fotografie zu wechseln. Sie ließ mich die Freude am kreativen Prozess neu zu entdecken, nachdem die Malerei nur noch Leiden mit sich brachte. Ihre Lehre beruhte auf dem Experimentieren mit dem Medium Fotografie in all seinen Formen.

Das alles, scheint es, haben Sie in Ihrer jüngsten Serie, The Ladies’ Castle, zusammengebracht. Berichten Sie uns von der Produktion.
Diese Serie entstand Anfang März im Château de Chenonceau. Ich habe dieses Schloss gewählt, weil es prächtig ist, ein menschliches Maß hat und weil vor allem Frauen dort die entscheidende Rolle gespielt haben, darunter Katharina von Medici.

Bei welcher Gelegenheit haben Sie an der Serie und dem Video gearbeitet?
Ich organisiere mehrmals im Jahr Shootings mit Models, Stylisten und Maskenbildnern, um mein Portfolio zu entwickeln. Leica wollte mich als SL2-Botschafterin filmen und ich bot an, bei diesem Shooting zu drehen. Wir suchten zusammen nach der besten Umgebung für die Serie und den Film und dachten bald an Chenonceau, – und, für uns unerwartet, war Chenonceau tatsächlich bereit dazu!

Sie haben Models und Pflanzen Landschaften gegenübergestellt. Eine interessante Kombination.
Ich fotografiere gerne Pflanzen, Mineralien, nackte Körper und weite Räume. Aber ich fotografiere auch gerne Sättigung, Fülle, Ton in Ton; Muster und Farben sollen die Aufnahme ausfüllen. Ich nutze meine Sensibilität, um eine Atmosphäre zu schaffen, die zum Träumen und Eskapismus anregt. Ich komme aus einer Umgebung, in der Hässlichkeit allgegenwärtig war, und die Suche nach dem Schönen im Abscheulichen war eine Überlebenstechnik. Das erklärt wahrscheinlich meine Besessenheit von Farbe im Gegensatz zum Grau der Vorstädte. Ich treibe Farbe sogar ein wenig an die Grenze der Realität.

Was davon haben Sie für Ihre Serie im Schloss Chenonceau übernommen?
Jeder Raum des Schlosses war mit riesigen Sträußen frischer Blumen geschmückt, die die Models auch berühren. Andererseits habe ich mich dafür entschieden, das Bild jedes Models mit einem Bild der Natur zu verbinden, weil mir die Gegenüberstellung von Mensch und Pflanze immer gefällt. Hier wählte ich Bilder einer sehr dichten, dunklen Natur mit formalen, chromatischen Entsprechungen zu den Innenräumen des Schlosses, um den manchmal etwas glatten Bildern einer Modeserie eine gewisse Fremdartigkeit und Rauheit zu verleihen.

Was war die Idee hinter der Serie?
Es war ein Mode-Shooting, bei dem ich mit Céline De Selva als Stylistin gearbeitet habe, die die Models mit prächtigen Kleidern großer Designer wie Alaia, Balmain oder Xuan ausstattete, ein Mode-Shooting mit seinen schwierigen Bedingungen und einem kompletten Team. Die Idee war, ein Maximum an Outfits in einem Minimum an Zeit zu fotografieren. Aber mit der Freiheit, keinen Kunden zu haben!

Wir sehen bei diesem Mode-Shooting unübliche fotografische Techniken, ich spreche etwa von Reflexionen und Prismen, die die Strecke sehr künstlerisch machen. Was bewog Sie, diese Techniken auszuprobieren? Gingen Sie nach der Methode Versuch und Irrtum vor, um zu professionellen Ergebnissen zu kommen?
Im Laufe der Jahre habe ich mir einen kleinen Fundus an Objekten aller Art aufgebaut, die ich entweder wegen ihrer Farbe oder wegen ihrer Reflexionsqualität gesammelt habe. Ich experimentiere ständig mit ihnen, hier habe ich hauptsächlich Blumen im Vordergrund verwendet, gelegentlich auch ein vor das Objektiv gestelltes Prisma, um das Bild verschwimmen zu lassen oder zu spalten. Es ist kein Unglück, wenn mal etwas falsch läuft, nur das bringt einen weiter.

Wie haben Sie die Bildsprache dieser Serie entwickelt?
Womit ich konfrontiert bin, diktiert die Art und Weise, wie ich fotografiere, sei es Bokeh oder der Einsatz von Blitzlicht. Ich vermute, wenn ich ein bestimmtes Element isolieren möchte, verwende ich Bokeh, und wenn es sich um einen farbigen Vordergrund handelt, den ich akzentuieren möchte, verwende ich den Blitz. Für diese Serie habe ich mit künstlichem Licht gearbeitet, wir haben sehr früh am Morgen und sehr spät in der Nacht, fast in völliger Dunkelheit, fotografiert. In den Innenräumen haben wir mit LED-Leuchten und Farbfiltern gearbeitet.

Draußen scheinen Sie häufig Blitzlicht einzusetzen.
Ja, wenn ich im Freien fotografiere, verwende ich einen kleinen Cobra-Blitz, ich möchte mein Equipment so leicht wie möglich halten.

Haben Sie auch bei diesem Shooting mit der Leica SL2 gearbeitet? Welches Objektiv haben Sie verwendet?
Ja, ich habe bei dieser Serie ausschließlich mit der SL2 gearbeitet, in erster Linie mit dem APO-Summicron-SL 1:2/50 ASPH. und gelegentlich mit dem APO-Summicron SL 1:2/75 ASPH. Verglichen mit der SL, die ich früher benutzt habe, ist die SL2 meiner Meinung nach ergonomisch ein Fortschritt, und sie ist schneller in puncto Autofokus, Betriebsbereitschaft, Menüsteuerung etc. Der elektronische Sucher war beim Fotografieren in fast völliger Dunkelheit eine große Hilfe. Ich könnte mich von der SL2 nicht trennen, da sie einfach zu meinen ästhetischen Ansprüchen passt.

Von 1993 bis 1998 war Letizia Le Fur, die 1973 im Pariser Vorort Saint-Denis geboren wurde, Studentin von Valérie Belin an der École Beaux Arts. Danach arbeitete sie zwei Jahre lang als Assistentin für den Schweizer Künstler Beat Streuli. Le Fur hat bisher u. a. Kampagnen für Air France, Ruinart, SNCF, Clarins und Nivea fotografiert. Ihre Arbeiten wurden in Zeitschriften wie „Voyageurs du Monde“, „Wad“, „Psychologies Magazine“, „Le Parisien“ und „Les Echos“ veröffentlicht. Im Jahr 2018 gewann Le Fur die erste Ausgabe des Fotowettbewerbs Alpine x Leica, der unter dem Motto „Hit the Road“ stand. Weitere Arbeiten von Le Fur finden Sie auf ihrer Website und bei Instagram.