Als eine der wenigen Fotografinnen auf dem Gebiet der Aktfotografie hat Tina Trumpp einen Stil entwickelt, bei dem ein weiblicher Akt mehr ist als nur ein Motiv. Ihre Bilder sind eine Ode an die Frau und ihre sensible Schönheit.

Nach welchen Kriterien wählen Sie ein Model für Ihre Aktfotografien aus?
Das erste, auf was ich bei einem Model achte, ist der Mund bzw. die Lippen. Dieser sollte eine gewisse sinnliche Form haben, erst dann fühle ich mich angesprochen. Das klingt komisch, ist aber so. Meine Models bzw. Musen, so bezeichne ich sie ehrlich gesagt lieber, haben zudem immer eine gewisse klassisch zeitlose Eleganz. Es sind Frauen mit Stärke, Intelligenz und Charakter. Mit reinen „Influencer Models“ kann ich beispielsweise überhaupt nichts anfangen, das langweilt mich. Heutzutage sieht man schon in der Timeline eines Models auf Instagram, ob da mehr ist als nur ein schönes Gesicht oder Körper. Menschen, die sich für Kunst, Musik und Poesie interessieren oder vielleicht sogar etwas spirituell sind, faszinieren mich da weit mehr. Wenn sich Fotografin und Muse auch hinter der Kamera etwas zu erzählen haben, macht dies das gemeinsame Arbeiten um einiges einfacher, gerade in der Aktfotografie. Aktfotografie erfordert ein hohes Maß an Sensibilität.

Haben Sie es als Frau leichter ihre Models natürlich und entspannt vor der Kamera posieren zu lassen?
Ob leichter kann ich so nicht beurteilen. Generell ist der ‚Mensch‘ hinter der Kamera unabhängig vom Geschlecht, entscheidend. Neben der Kameraführung am Set bedarf es immer ein gewisses Maß an Sensibilität im menschlichen Umgang. Menschen öffnen sich nur, wenn sie Vertrauen haben. Das gilt auch für Models. Positive Energie ist in jedem Fall entscheidend. Ein Stück weit ist man also immer auch Psychologe. Je mehr Vertrauen herrscht, umso weiter kann man jemanden führen. Und dann ist es nicht nur eine Modelpose, sondern etwas tief empfundenes, das wirklich eine Geschichte erzählen kann und beim Betrachter etwas auslöst.

Was ist Ihnen wichtig – welchen Inhalt sollen Ihre Bilder über die reine Darstellung eines nackten Körpers hinaus transportieren?         
Reine Nacktheit interessiert mich nicht. Es geht um Ästhetik, Schönheit, Eleganz und Anmut. Die Frau wird dabei immer verehrt und geschätzt. Es gibt Motive, die eine stille Geschichte erzählen, andere haben gar etwas Witz. Die Frau ist dabei nie ‚nur‘ Objekt, sondern eigentlich immer diejenige, die auf gewisse Art und Weise führt, fasziniert oder ein mystisches Geheimnis hat.

Sie kamen 2014 als Autodidaktin zur Fotografie und haben eine bemerkenswerte Karriere gemacht. Können Sie uns etwas über Ihren Einstieg in die Fotografie berichten? Hatten Sie von Anfang an ein klares Ziel?
Mein Einstieg als freiberufliche Fotografin war anfangs geprägt von Jobs in der Fotoreportage, Portrait- und Architekturfotografie. Gerade die Architekturfotografie hat mir enorm geholfen, sehr schnell ein Gefühl für Licht und Räume zu entwickeln. Anfangs habe ich beispielsweise jedes moderne Museum in Deutschland besucht, um dort Aufnahmen von der Architektur zu machen. Danach hatte ich dann einen enormen Faible für Langzeitbelichtungen in der freien Natur, das erfordert viel Geduld und Präzision. So habe ich meine eigenen Fähigkeiten learning by doing in allen Bereichen enorm verbessert. Es folgten eigene freie Projekte, die im Bereich Fashion/Porträt lagen. Der Firma Leica habe ich diese Aufnahmen gezeigt und so kam die Anfrage, ob ich nicht einmal eine Aktstrecke fotografieren wolle. Das war 2016, eine Editorial Strecke im Leica S Magazin. Danach war klar, dass ich diese Aufnahmen nicht nur im Magazin zeigen wollte, sondern auch als Kunstwerke im Großformat in Galerien. Diesen Weg habe ich dann gezielt weiter verfolgt. Zwischenzeitlich habe ich ein internationales Galerienetzwerk, das meine Fine Art Prints an Sammler in der ganzen Welt vertreibt.

Wo entstehen Ihre Fotos?
Das ist ganz unterschiedlich, zum einen im Studio, zum anderen aber auch an ausgewählten exklusiven Orten mit teils historischem Hintergrund, also Schlössern, alten Villen etc. In Frankreich, vor allem in Paris, finde ich am ehesten Locations, die meinen Stil treffen.

Arbeiten Sie lieber „on Location“ oder im Studio?
Ich liebe die Abwechslung, also definitiv beides. Der Vorteil des Studios liegt am gut kontrollierbaren Licht. Außerdem kann man alles perfekt vorbereiten bezüglich Accessoires und Requisiten. Insgesamt läuft dann alles etwas gemütlicher ab. Shootet man ‚on location‘ wie beispielsweise in Paris, ergibt sich hingegen mehr Spontanes. Das Fotografieren in kleineren Räumen wie Hotelsuiten erfordert eine andere Arbeitsweise, das kann extrem spannend sein. Dadurch entsteht noch mehr Intimität, was dann auch auf den Bildern zu sehen ist. Neue Umgebungen geben mir immer Inspiration und neue Impulse im Denken. Danach freue ich mich aber auch wieder auf das Studio.

Manche Ihrer Fotos erinnern an klassische Gemälde, andere wirken wie aus der Situation heraus fotografiert.

Ich liebe die Alten Meister der Renaissance, das ist eine große Inspiration für mich. Dennoch lebe ich im Hier und Jetzt und möchte auch dies in meine Fotowelt einbauen. Letztendlich sind Aufnahmen von Fotografen ja auch immer ein Spiegel der Persönlichkeit und Seele. Es gibt so viele Dinge und Themen, die mich bewegen, von daher werde ich immer Unterschiedliches in meine Arbeit einfließen lassen. Die Kunst dabei ist aber immer, seinem übergeordneten Stil treu zu bleiben, denn dies macht einen Fotografen letztendlich unverwechselbar und einprägsam.

Welchen Einfluss hat Leica auf Ihr künstlerisches Schaffen?
Mit der Firma Leica bin ich eng verbunden. Den Start für meinen Weg in die Kunstwelt hat insbesondere die Leica Galerie in Porto/Portugal ermöglicht, die mit mir meine erste Soloausstellung realisiert hat. Das war ein wichtiger Schritt in meiner Karriere. Es gibt keinen anderen Kamerahersteller als Leica, der die Fotografie so in den Mittelpunkt stellt. Das weltweite Galeriekonzept ist dabei einzigartig. Alles Leica Kameras sind selbstverständlich von höchster Qualität. Die Leica S ist dabei meine erste Wahl und hat mich noch nie enttäuscht.

Leica S

The best tool.

Die Ausstellung in der Leica Galerie Stuttgart ist Ihre bisher größte Einzelausstellung. Für Sie als Stuttgarter Fotografin ist das bestimmt auch ein emotionaler Moment.

Seine eigenen Aufnahmen großformatig in einer Galerie zu sehen, ist immer bewegend. Dass dies nun auch in der neuen Leica Galerie in Stuttgart möglich ist, freut mich natürlich besonders. Die Fangemeinde in meiner Heimatstadt ist groß und wartet seit langem darauf, die Bilder nun endlich auch in Stuttgart sehen zu dürfen. Die kommende Ausstellung ‚Verführungen’ wird in der Tat meine bisher größte Ausstellung sein, mehr als 30 Exponate werden teils bis zu 1,80 Meter groß gezeigt werden. Jeden, der sich von Sinnlichkeit und Schönheit angesprochen fühlt, lade ich herzlich dazu ein, die Galerie in der Calwerstrasse zu besuchen. Die Ausstellung wird ein Feuerwerk an weiblicher Schönheit und Eleganz sein.

Mehr über Tina Trumpp und ihre Fotografie kann man auf ihrer Website erfahren.