Im Interview spricht Marksteen Adamson darüber, was Weihnachten für ihn bedeutet, welche Kameras er verwendet und was für ihn ein gutes Porträt ausmacht.

Wie kam es zu dieser Serie?
Weihnachten ist für mich eine schwierige Zeit. Ein Wechselbad der Gefühle, wie sie gegensätzlicher nicht sein können. Es ist die Zeit des Glücks und der Traurigkeit, der Einigkeit und der Einsamkeit, der Wut und der Toleranz, des Kriegs und des Friedens. Weihnachten zu feiern ist nie einfach – es ist wie ein Yin- und Yang-Jo-Jo und wir versuchen in der Hoffnung, zivilisierte Interaktion und ein Gefühl der Normalität zu bewahren, die immerwährende Bewegung des Anstands aufrechtzuerhalten. Unweigerlich löst sich die festliche Soiree auf, wenn alle unterschwelligen familiären Probleme, die sich im Laufe des Jahres angesammelt haben, zum Vorschein kommen. Dennoch marschieren wir zaghaft weiter, leicht ängstlich, aber immer hoffnungsvoll. Ich wollte eine Studie über individuelle Unterschiede in dieser Zeit machen, um zu sehen, ob ich Gemeinsamkeiten finden kann.

Da wirkt es fast wie eine Vorahnung auf Weihnachten 2020, dass Sie jedes Familienmitglied allein fotografiert haben.
Für mich als Halb-Dänen ging es schon immer um Hygge und darum, die Geburt des wichtigsten Menschen zu feiern, der jemals auf Erden lebte. Ich schätze jeden Moment unserer gemütlichen Familienweihnachten, wenn wir alle Zeit miteinander verbringen können, trotz unserer Unterschiede. Deshalb habe ich mich für diese Porträtserie mit den Partyhüten aus Papier entschieden; sie repräsentieren den neugeborenen König. Anstelle traditioneller Gruppenfotos wollte ich den Charakter jeder Person feiern, indem ich sie einzeln oder als Paar fotografierte, wobei sich das Requisit der „Papierkrone“ durch die Serie zog. In meinen Augen ist das weihnachtliche Beisammensein eine Erinnerung daran, dass wir alle wunderbar individuell und einzigartig sind; und dass wir trotz unserer Unterschiede in der Lage sind, Gemeinsamkeiten und gemeinsame Werte zu finden. Alles, was wir tun müssen, ist, das Selbst loszulassen und jedem eine weitere Chance zu geben.

Welche Kamera haben Sie verwendet?
Eine Leica M10 mit einem Noctilux-M 1:0.95/50 und einem Summicron-M 1:2/50 sowie die Leica Q mit einem Blitz. Ich liebe es, Leica Kameras zu benutzen. Ich wechsle zwischen der M, der Q und der SL, je nach Situation. Leica Objektive besitze ich in den Brennweiten 28, 35 und 50 mm.

In Ihrer Fotografie scheinen Sie zum Porträt zu neigen. Warum ist das so?
Ich habe schon immer gern ganz alltägliche, „normale“ Menschen fotografiert und war schon immer an Gesichtern interessiert und von ihnen fasziniert. Wenn ich jemanden zum ersten Mal treffe und wir vorgestellt werden, vergesse ich oft innerhalb der ersten Gesprächsminuten seinen Namen. Ich bin fasziniert von ihrem Gesicht und ihrer Mimik, und das ist alles, woran ich bei diesem ersten Kontakt denken kann. Ich schätze, das ist der Auslöser für mein ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung). Ich finde Gesichter und Menschen einfach sehr interessant.

Was macht Ihrer Meinung nach ein gutes Porträt aus?
Ein gutes Porträt fängt Authentizität ein. Ein Porträt sollte immer danach streben, etwas Tiefes, etwas Unverwechselbares einer Person einzufangen. Ich mag keine Porträts, an denen technisch herumgepfuscht wurde, und ich glaube nicht an die Veränderung von Gesichtsstrukturen und Schönheitsfehlern mit Photoshop. Es ist unethisch, das Aussehen einer Person zu verändern, um sie jünger oder makelloser aussehen zu lassen. Das ist kein gesunder oder realistischer Weg für uns zu leben oder uns selbst zu sehen. Wir sollten immer nach Authentizität und Selbstakzeptanz streben, indem wir unsere natürliche Schönheit annehmen, mit all ihren Macken und Unvollkommenheiten. Wir müssen lieben, wer wir sind, und wir müssen natürlich und anmutig altern.

In Ihrer Fotografie geht es vorrangig um soziale Themen. Was haben Sie zu Covid-19 und zum Lockdown gemacht?
Ich habe mich mit zwei Projekten befasst. Das erste heißt Lock Down Hero, in der ich den großzügigen Geist und die einfallsreichen Initiativen ganz normaler Menschen in meiner Heimatgemeinde Cheltenham fotografiert und gefeiert habe. Vom Friseurhandwerk über Backen und Nähen bis hin zu Hausunterricht, Beratung und Lieferung – es gab eine ganze Armee heimlicher Helden in meiner Gemeinde, die sich ehrenamtlich engagierten und anderen halfen, die Schwierigkeiten des Lockdowns zu meistern. Mit ihrer neuen Rolle, Verantwortung und ihrer positiven Einstellung, oft alles aus eigener Tasche finanziert, halfen sie anderen durch gerade erlernte Fähigkeiten oder dringend benötigte Dienstleistungen. Das zweite Projekt begann kurz nach dem Ende des ersten Lockdowns. Ich hatte genug und konnte es kaum erwarten, wegzukommen und meine neugewonnene Freiheit zu genießen. Ich fuhr mit meinen Land Rover und einem Zelt an die Südostküste. Das Projekt erkundet die Grenzen, die zwischen uns bestehen, unsere kollektive Verantwortung füreinander und die Grenzen der persönlichen Freiheit. Es heißt The Breach (Die Bresche).

Wie feiern Sie Weihnachten in diesem Jahr?
Meine erwachsenen Kinder kommen nach Hause und dafür bin ich besonders dankbar. Nichts macht mich glücklicher, als so viele aus der Familie beisammen zu haben wie möglich.

Gibt es sonst noch etwas, das Sie uns mitteilen möchten?
Ich arbeite an einem neuen Projekt, in dem es um Alzheimer geht. Mein Schwiegervater Terry wird in diesem Jahr wegen Covid-19 Weihnachten leider nicht bei uns sein. Er sitzt in einem Pflegeheim fest und hat sein Gedächtnis verloren – er weiß nicht mehr, wer wir sind oder wer er selbst ist. Ich möchte seine Geschichte erzählen, die hoffentlich dazu beiträgt, mehr Bewusstsein zu schaffen und Mittel für die Erforschung dieser schrecklichen Krankheit bereitzustellen. Ich habe die Hoffnung, dass etwas Gutes und Positives aus dieser sehr traurigen Situation erwächst. Unsere Gedanken und Gebete sind bei Terry.

Marksteen Adamson hat sich einen internationalen Ruf als inspirierender Kreativstratege und Problemlöser erworben. Er berät globale Unternehmen, Regierungen, Länder und Wohltätigkeitsorganisationen in puncto Markenstrategie und Markenführung. Marksteen war Global Creative Director von Interbrand und einer der Direktoren des weltweiten Lenkungsausschusses. Er baute die Kreativteams in London, Amsterdam und New York auf und begleitete sie. 2002 gründete er ASHA & Co. Im Jahr 2019 gewann er den Drum Social Purpose – Changemaker of the Year Award. Erfahren Sie mehr über Marksteen Adamsons Fotografie auf seiner Website und bei Instagram.