Marc Stickler ist über seine Arbeit als Wildtierbiologe zur Fotografie gekommen. Dank seiner Ausbildung weiß er genau, welche Gegenden er aufsuchen und wie er sich dort verhalten muss, damit ihm einmalige Aufnahmen gelingen. Nachdem er bereits an unzähligen Orten auf der ganzen Welt fotografiert hat, konnte er im Laufe der letzten Wochen die neue Leica SL2-S ausgiebig in der Steppe von Botswana testen. Im Interview berichtet der Österreicher über seine Arbeit in freier Wildbahn, darüber, welche Widrigkeiten dabei auftreten können – und erklärt, wie man Fotografie für den Naturschutz einsetzen kann.

Gab es einen Schlüsselmoment, der Sie davon überzeugt hat, als Fotograf zu arbeiten?
Durch meine Forschungsarbeiten über Haie vor den Bahamas, Berggorillas in Uganda und Bärenpaviane in Botswana habe ich meine Liebe zur Fotografie entdeckt. Rückblickend denke ich, es war die Verbundenheit mit der Natur, die ich fühlte und mit meinen Bildern ausdrücken wollte. Für meine letzte Forschungsarbeit lebte ich ein Jahr lang in einem Zelt im Okavangodelta in Botswana. Jeden Tag begleiteten wir die Paviane, um Forschungsdaten aufzunehmen. Dabei gingen wir oft 12 bis 13 Kilometer am Tag – manchmal ganz allein, nur verbunden über ein sporadisch funktionierendes Funkgerät. Man versucht seine Gedanken aufmerksam auf den nächsten Baum, Busch oder die nächste Wasserüberquerung zu lenken, denn überall dort können Tiere sein, vor denen man sich am besten fernhält. Mehrmals täglich mussten wir von Kaffernbüffeln, Flusspferden oder Elefanten davonlaufen oder auf Bäume klettern. Die Löwen und Schlangen erleichterten diese Aufgaben auch nicht unbedingt.
In diesem Jahr habe ich viel gelernt. Vor allem, was es heißt, Verzicht und Entbehrung am eigenen Leib zu spüren. Die Kamera war an jedem einzelnen Tag dabei. Ich habe in so manch schweren Zeiten gelernt, die positiven Momente wertzuschätzen und noch intensiver zu leben. Und weil ich überzeugt bin, dass jeder Mensch ein Lehrer sein kann, versuche ich diese Werte an meine Studenten an der Universität Salzburg weiterzugeben.

Was bringt Sie dazu, den Auslöser zu betätigen?
Es ist die Schönheit der Natur, die sich in vielen Facetten ausdrückt. Manchmal ist es eine besonders schöne natürliche Anordnung eines Musters, ein besonderes Verhalten von Tieren, das Lächeln eines Menschen oder aber auch Farben, Wasserfälle oder ein bezaubernder Sternenhimmel. Es gibt so viele Momente, die es wert sind, den Auslöser zu drücken, solange man es schafft, im Hier und Jetzt zu bleiben und das Leben nicht nur durch den Sucher zu betrachten.

Gibt es Orte, an denen Sie besonders gern fotografieren?
Ich bezeichne das Okavangodelta als meine zweite Heimat. Es ist zu meinem Ziel geworden, die faszinierende Schönheit dieses fragilen Ökosystems zu porträtieren. Außerdem möchte ich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass dieses Naturspektakel durch mögliche Ölbohrungen oder Fracking und Staudämme in Angola aktuell in großer Gefahr ist. Zudem finde ich die Weiten des Naturschutzparks Masai Mara in der Serengeti sehr beeindruckend. Jede Jahreszeit liefert dort ganz besondere Bedingungen für die Fotografie. Auch die Berggorillas in Ruanda und Uganda zu fotografieren ist für mich eine Besonderheit. Sigmund Freud hat einmal gesagt „Die Augen sind das Fenster zur Seele.“ Das sieht und spürt man dort ganz besonders.

Was übt den größten Einfluss auf Ihre Fotografie aus?
Mein jeweiliger emotionaler Zustand. Ich möchte über meine Fotografie Emotionen im Betrachter auslösen. Wenn jemand während der Betrachtung meiner Bilder etwas fühlt, dann ist das für mich bereits die halbe Miete. Wenn diese Person dann durch die Schönheit und Einzigartigkeit der Tiere und Natur selbst ein Befürworter der Erhaltung unseres Planeten wird, dann sehe ich meine Aufgabe als erfüllt an.

Welche Rolle spielt Leica in Ihrer Fotografie?
Leica ist der Inbegriff von Fotografie. Leica ist mehr als nur ein Name, Leica ist ein Statement. Als Traditionsunternehmen repräsentiert Leica Werte wie Integrität, Loyalität, und Stabilität für einen gesamten Markt. Ich bin ein Mensch, der bestimmte Werte vertritt und lebt. Dadurch möchte ich zu einem Vorbild für meinen Sohn werden. Mit Leica habe ich einen Partner, mit dem ich auf Augenhöhe in die Zukunft blicken kann.

Wie war die Arbeit mit der SL2-S, was haben Sie besonders genossen?
Ich empfinde die Kombination von Film und Foto als hervorragend. Es war noch nie so einfach, unglaubliches Videomaterial zu erstellen und gleichzeitig eine so schnelle Kamera in Händen zu halten. Zudem hat sich die Robustheit der Kamera in Afrika sehr bewährt. Sie ist mir öfters bei unbeabsichtigten Bremsmanövern auf den Boden gefallen und nichts ist passiert! Die Sensorgröße erlaubt es, in ISO-Bereiche vorzudringen, die zuvor undenkbar gewesen sind. Der Autofokus ist phänomenal und in Kombination mit den Leica-Objektiven ist die SL2-S eine vollständig überzeugende Kamera.

In welcher Hinsicht hat das Kamerasystem Ihre Arbeit erleichtert?
Das SL2-S-System hat sich durch seine Zuverlässigkeit in einer sehr undankbaren Umgebung mit Staub, Hitze und Nässe mein ganzes Vertrauen verdient. Das eingebaute Mikrofon erlaubt mir ohne großen Aufwand, Videoaufzeichnungen mit Ton zu machen.

Sie können auf ein beeindruckendes Portfolio blicken. Was bedeutet die Fotografie gegenwärtig für Sie persönlich?
Mit der Fotografie ist es mir möglich, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Ich denke, nur was man sieht, beginnt man zu lieben – und nur was man liebt, das schützt man auch. Als Wildtierbiologe ist es mein Ziel, meine Fotografie als Werkzeug für den Naturschutz einzusetzen. Ohne Bildung kann man das jedoch nicht erreichen. Und so habe ich ein Konzept ins Leben gerufen, das 10 % meiner Einnahmen in die Länder zurückfließen lässt, in denen ich fotografiert habe. Mir ist es somit möglich, ein Kinderspital und Waisenhaus langfristig zu unterstützen und demnächst werde ich zwei Schulen in Botswana bauen. Naturschutz ist wichtig, aber Kinder müssen primär die Möglichkeit und das Recht auf Bildung, Nahrung und Schutz haben. Ich bin davon überzeugt, dass ohne Schulbildung und Unterstützung der Communitys in Afrika jegliche Art von Naturschutz über kurz oder lang wertfrei bleibt. Die Fotografie ermöglicht es mir, meine Ziele und Projekte umzusetzen. Es ist aber in Wirklichkeit meine Community, es sind die Menschen, die meine Bilder annehmen, zu meinen Fotosafaris kommen und mich unterstützen, die das alles komplettieren.

Gibt es noch Orte, die Sie unbedingt aufsuchen möchten, oder anstehende Projekte?
Ich bin bisher noch nicht in kälteren Regionen gewesen, weil es sich schlichtweg noch nicht ergeben hat. Bald habe ich jedoch die Möglichkeit, die Arktis und Antarktis zu bereisen. Die nächsten zeitnahen Projekte sind Fotografie-Workshops mit der Leica Akademie in Österreich und eine internationale Fotosafari in Kenia.

Marc Stickler wurde in Österreich geboren und wuchs in Salzburg auf. Sein erstes Abenteuer war eine Rucksacktour durch Thailand mit seiner Mutter im Alter von sechs Jahren. Beeindruckt von neuen Kulturen, Affen und der Tatsache, dass er in Asien aufgrund seiner sehr blonden Haare im Mittelpunkt stand, packte ihn schon früh das Reisefieber. Nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt als junger Mann verlagerte sich seine Leidenschaft vom anfänglichen Studium der Philosophie und Germanistik zum Studium der Biologie. Für seine Abschlussarbeit verbrachte er ein Jahr am Deutschen Primatenzentrum unter der Leitung von Julia Fischer. Er reiste ins Okavangodelta in Botswana, wo er die sozialen Mechanismen der weiblichen Chacma-Paviane untersuchte. Während des Studiums entdeckte er seine Leidenschaft für die Fotografie. Später wurde er Ambassador der Leica Akademie. Erfahren Sie mehr über die Fotografie von Marc Stickler auf seiner Website und bei Instagram.

Leica SL2

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