Der Strand ist sein Lieblingsort. Dort denkt er über sein Leben nach, begegnet vielen Menschen – und fotografiert sie. Mit seiner Leica M schuf Donato Di Camillo Beach Body Bingo, eine entwaffnend ehrliche und unterhaltsame Arbeit über die Menschen und ihre Strandvergnügen. Warum er Leica-Kameras zunächst hasste und wie sich daraus bald eine innige Liebe entwickelte, erzählt er in diesem Gespräch.

Verbringen Sie nach Abschluss der Strandserie Ihre Freizeit (noch) gern am Strand?
Ja, ich liebe den Strand sehr. Es ist mein Lieblingsort, um über das Leben nachzudenken und Menschen zu treffen. Die meisten Leute sind entspannt und ungehemmt.

Wie sind Sie auf die Idee zu Ihrer Beach-Body-Bingo-Serie gekommen?
Die Idee entstand durch eine Disziplinierungsübung, die ich mir für meine Fotografie auferlegt habe. Ich erlaube mir nur zehn Fotos pro Tag, um mich mehr auf die Motive zu konzentrieren.

Ihre starken und sehr humorvollen Bilder zeigen Situationen aus dem Strandleben. Wie haben Sie Ihre Motive gefunden?
Die Menschen sprechen die ganze Zeit durch ihre Handlungen. Ich glaube, wenn man diesen Faden, der uns alle verbindet, sorgsam beobachtet, geht es schnell in Fleisch und Blut über – zumindest ist es für mich so. Manchmal können wir Verhalten, Handlungen oder sogar Widerstand vorhersehen.

Sie haben ein sehr gutes Auge für das Aufspüren von besonderen Mustern und urkomischen Situationen. Wie arbeiten Sie? Schlendern Sie herum? Oder warten Sie an einer Stelle auf den perfekten Moment?
Es ist mir sehr unangenehm, an einer Stelle stehen zu bleiben. Ich fühle mich wie ein Polizist, der die Leute beobachtet. Ich unterhalte mich viel mit den Menschen um mich herum; ich kaufe Eis für Kinder oder Limonade für Obdachlose. Ich habe sogar schon vielen Leuten geholfen, Sonnenmilch aufzusprühen. Ich schätze, ich bin im Grunde ein Strandgänger mit einer Kamera. Wenn ich etwas sehe, greife ich zu; wenn nicht, genieße ich einfach den Tag.

Wie haben die Leute darauf reagiert, dass Sie sie fotografiert haben?
Viele Fotografen werden Ihnen sagen, dass die Menschen auf viele verschiedene Arten reagieren. Ich glaube, die Leute können meine Leidenschaft, mein Einfühlungsvermögen und meine Aufregung spüren. Sie wissen, dass ich es nicht böse meine, also stört es sie in den meisten Fällen nicht; aber es gab ein paar Gelegenheiten, bei denen ich bedroht wurde. Ich komme von der Straße, also weiß ich, wie man Situationen schnell entschärft; das war ein Teil meines Verteidigungsmechanismus, als ich aufwuchs.

Wenn ich mir Ihre Bilder ansehe, bringen sie mich oft zum Lachen oder zumindest zum Lächeln. War das eine Ihrer Intentionen?
Wenn ich mit meinen Fotos Gefühle hervorrufen kann, dann denke ich, dass ich meine Aufgabe erfüllt habe. Heutzutage ist es nicht einfach, Menschen zu bewegen.

Gab es auch einen gesellschaftspolitischen Aspekt, den Sie dabei verfolgten?
Mein Ziel ist es, das Unterbewusstsein anzuzapfen. Viele von uns fotografieren schöne Bilder, egal ob Menschen oder Landschaften; aber ich finde es wichtig, dass die Seele durch jedes Bild projiziert wird … wenn das für Sie Sinn ergibt.

Was für eine Ausrüstung – welchen Kameratyp, welche Objektive – haben Sie verwendet?
Ich liebe Leica! Besonders die M-Serie. Mir wurde vor ein paar Jahren bei einem Auftritt meine M-P 240 mit ein paar Mehrfachobjektiven gestohlen. Ich war so wütend. Jetzt arbeite ich mit einer Q.

Was hat Ihnen beim Umgang mit der Ausrüstung am meisten Spaß bereitet?
Am Anfang habe ich meine Leica M absolut gehasst. Ich hatte noch nie zuvor eine rein manuelle Kamera benutzt, daher war es eine große Herausforderung. Die Bilder waren Müll, unscharf; aber mit der Zeit fing ich an, nachzudenken, mir Zeit zu nehmen, mich auf das Licht und die Komposition zu konzentrieren. Bald begann ich, das Gefühl zu lieben, eine Leica in den Händen zu halten.

Gab es, was die Technik betrifft, irgendwelche kniffligen Situationen?
Ich habe nie über die Elemente nachgedacht, wie zum Beispiel über den Sand. Ich war zu begeistert von den Fotos, die ich machen wollte. Der schwierige Teil hatte vor allem mit Licht und Komposition zu tun.

Wie haben Sie die Bilder realisiert? Haben Sie oft einen Blitz verwendet?
Ich glaube, die Verwendung eines Blitzes ist bei vielen Leica-Benutzern verpönt. Aber in meinem Fall denke ich, dass es am Strand gut funktionierte und den Fotos eine grelle Note verlieh.

Wie würden Sie Ihren fotografischen Ansatz beschreiben?
Ich denke, ich bin als Fotograf sehr gereift, aber im Herzen bin ich immer noch ein Kind. Davon abgesehen, würde ich sagen, dass ich immer mit voller Begeisterung, Einfühlungsvermögen und Verständnis an meine Fotografie herangehe. Ich liebe die Menschen.

Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: Fotografie ist für mich …
… wie das Spielen meines ungeschriebenen Lieblingssongs.

Donato Di Camillo begann zu erkennen, wie mächtig Fotografie sein kann, während er im Bundesgefängnis eingesperrt war. Durch das Lesen von Büchern und Magazinen wurde ihm klar, wie einflussreich dieses Medium ist. Es gab ihm die Möglichkeit, außerhalb der Grenzen seines Verstandes zu forschen; aber erst nach der Entlassung aus dem Gefängnis war er in der Lage, sich selbst auszudrücken und durch Bilder zu sprechen: Die dunkle Welt, die er so gut kannte, würde sich bald in Licht verwandeln. Weitere Information über den Fotografen finden Sie auf seiner Webseite und seinem Instagram channel.