Die Fotografie von Knox Bertie konzentriert sich auf Menschen, ihre Beziehung zu städtischen Räumen, die Veränderungen in Sydney und die Auswirkungen des Wachstums der Stadt auf die Einwohner. Seine Arbeiten bewegen sich jenseits traditioneller Street Photography, angesiedelt irgendwo zwischen Wahrheit und Fiktion, und zeichnen eine emotionale Darstellung des Lebens in Sydney, der größten Stadt Australiens.

Wie hat es Sie nach Sydney verschlagen?
Ich lebe jetzt seit etwa zwölf Jahren in Sydney. Ich bin von Malaysia hierher gezogen, zuvor habe ich im Nahen Osten, in England und Kanada gelebt. Kanada habe ich mit Anfang 20 verlassen und nachdem ich von Land zu Land gezogen bin, landete ich schließlich in Australien. Und hier bin ich auch geblieben. Um Ihre Frage zu beantworten: Ich hatte dieses Bild von Australien, vom Bondi Beach, dem hellen Sand und dem blauen Himmel. Dann zog ich in den Außenbezirk Inner West, der ein völlig anderes Aussehen hatte. Ein Aussehen, das ich nicht erwartet hatte.

Können Sie uns Ihren fotografischen Ansatz beschreiben?
Wenn ich losziehe und fotografiere, achte ich zuerst auf das Licht und die Gesamtszenerie, dann platziere ich die Personen in diesem Raum. Das zweite, wonach ich suche, ist ein ganz bestimmter Ausdruck der Menschen. Ich verbringe viel Zeit damit, an einem Ort zu sitzen, die Szene auszusuchen und dann zu warten, bis etwas passiert. Ich fotografiere nicht viel. Es ist normal, dass ich einen Tag lang unterwegs bin und nur fünf oder sechs Aufnahmen mache. Wenn ich Menschen fotografieren will, suche ich vor allem nach dem Moment, in dem sie sich in ihrem Inneren verlieren. Wenn man jemanden beim Telefonieren oder beim Lesen einer Zeitung beobachtet – was auch immer er tut, es gibt immer einen Moment, in dem er einfach innehält und in sich geht. Und das ist der Moment, den ich fotografiere. Diese Momente finde ich am interessantesten, denn sie offenbaren den Charakter einer Person. Ich lese viel und ich bin ein großer Fan von George Orwell, daher haben einige meiner Fotos wahrscheinlich eine Art dystopischen Look. Und ich orientiere mich dabei oft an dem, was ich gerade lese. Das harte Licht, die Reaktion der Menschen auf das harte Licht und die Architektur Sydneys in Kombination mit dem, worüber ich nachdenke und was ich gerade lese, verleihen meinen Fotografien einen besonderen Look.

Welchen fotografischer Hintergrund hatten Sie vor der Leica Q2 Monochrom?
Ich arbeite hauptberuflich als Chemielehrer, und bevor ich die Q2 Monochrom benutzte, habe ich fast ausschließlich mit Schwarzweiß-Filmen gearbeitet. Als ich die Kamera zum ersten Mal in die Hand bekam, war ich ein bisschen wie ein Kind im Süßwarenladen. Ich lief herum und machte Tausende von Aufnahmen, aber ich bekam einfach nicht das, was ich mit diesem Aufnahmestil erreichen wollte. Also musste ich innehalten, nachdenken und zu meiner ursprünglichen Methode zurückkehren. Ich besitze eine Leica III und fotografiere mit ihr. Es ist ganz erstaunlich, zwei Leica Kameras mit einem Altersunterschied von beinahe 100 Jahren zu verwenden.

Wie ist ihr Eindruck von der Q2 Monochrom?
Mein erster Eindruck von der Q2 Monochrom war, dass sie sich in der Hand sehr ausgewogen anfühlt. Es ist sehr komfortabel, sich mit dieser Kamera auf der Straße zu bewegen und zu fotografieren. Was mir auch sofort aufgefallen ist, ist die Qualität der Konstruktion. Sie ist klein, hat aber ein gutes Gewicht. Es ist eine Kamera, die man nicht bemerkt. Sie ist auch extrem leise, da der Verschluss kein Geräusch macht. Ich treffe oft auf Menschen, die Leica lieben und mit mir über die Kamera sprechen möchten. Was ich an der Q2 Monochrom so schätze, ist, dass sie sofort einsatzbereit ist. Ich stelle die Belichtung genauso ein, wie ich sie haben will, und ich kann in jeder Situation die Aufnahme machen, die ich machen möchte. Mit jeder anderen Kamera könnte ich diese Aufnahme verlieren, weil ich nach Einstellungen oder der richtigen Belichtung suchen müsste. Die Q2 Monochrom ermöglicht mir, an Orten zu fotografieren, an denen ich vorher nie fotografiert hätte. Die Qualität der Aufnahmen ist auch mit hohen ISO-Werten einzigartig. Insbesondere bei Nacht gibt es Situationen, in denen ich mit Film nie ein Foto machen würde, weil es dafür einfach nicht genug Licht gäbe, aber die Empfindlichkeit der Q2 Monochrom ist sehr beeindruckend. Ich denke, mein Fotografiestil hat sich aufgrund der Fähigkeiten der Kamera verändert und das wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Ich bin immer noch dabei, herauszufinden, wie mein Stil mit der Q2 Monochrom aussieht, aber das ist wahrscheinlich das, was mir am meisten Spaß macht.

Was ist Ihnen in der Postproduktion aufgefallen?
Da war mein erster Eindruck, dass der Detailreichtum der Aufnahmen und Nahaufnahmen einfach außergewöhnlich ist. Auch die die Graustufen sind mir sofort aufgefallen – Graustufen, wie ich sie noch nie bei einer Digitalkamera gesehen hatte. Sie sind ziemlich einzigartig. Bei den Digitalkameras, die ich bisher benutzt hatte, war ich mit den Bildern nicht zufrieden, wenn ich sie mir zu Hause auf einem großen Bildschirm ansah: Die Lichter waren zu stark aufgehellt oder die Schwarztöne waren einfach nicht gut genug. Aus diesem Grund habe ich nie die Kamera gewechselt oder mich an eine andere Digitalkamera gewöhnt. Das größte Aha-Erlebnis hatte ich, als ich zum ersten Mal ein Bild auf einem großen Bildschirm sah. Es erinnerte an gescannte Filmaufnahmen, auch wenn es nicht ganz genauso aussah, aber es hatte die gleiche Tonalität und Qualität. Ich fühle mich wohl, wenn ich mit den Dateien der Q2 Monochrom arbeite, denn sie sind mir sehr vertraut.

Wie erschaffen Sie Ihre Fotos, die Doppelbelichtungen ähneln?
Als ich anfing, mit dieser Kamera zu fotografieren, habe ich das erste Mal digitale Dateien bearbeitet. Da ich gewohnt bin, mit Film zu arbeiten, wollte ich keine Technik verwenden, die ich nicht auch in der Dunkelkammer einsetzen könnte. In der Postproduktion experimentiere ich mit Doppelbelichtungen, so wie ich es auch mit einem verkleinerten Negativ tun würde. Die meisten dieser Aufnahmen sind jedoch gar keine Doppelbelichtungen. Bei den meisten handelt es sich lediglich um Reflexionen von Werbetafeln oder die Spiegelung eines Gesichts und der Reflexion des Hintergrunds. Zu bestimmten Tageszeiten spiegeln sich z. B. die Lichter in einem Zug so auf dem Glas, dass man das Innere und Äußere des Zugs in einer einzigen Aufnahme perfekt belichten kann.

Wie hat sich Ihr Blick auf Sydney im Laufe der Zeit entwickelt?
Auf dem Weg zur und von der Arbeit sah ich immer wieder Leute, die auf ihr Telefon schauten und sich völlig aus ihrer Umgebung verabschiedet hatten. Das war die Zeit, als die iPhones aufkamen. Für mich war die Fotografie immer eine Möglichkeit, mich daran zu erinnern, präsent zu bleiben. Ich glaube, dass etwas passiert, wenn man durch die Gegend läuft und die Welt als Bild anschaut, anstatt sie nur als alltäglich zu betrachten. Und dann kann man die Schönheit der kleinen Dinge erkennen. Ich fotografiere schon so lange in Sydney, dass sich mein Blickwinkel wahrscheinlich verändert hat. Ich bin ursprünglich in die Stadt gekommen, ohne zu wissen, dass sie der Ort ist, in dem ich den Rest meines Lebens verbringe. Ich sehe mich jetzt als Einheimischen. Und das verändert auch die Perspektive, wie man einen Ort fotografiert. Ich fühle mich nicht mehr so sehr als Außenseiter. Was sich für mich am meisten verändert hat, sind die Gesichter, die ich im Vorübergehen sehe. Ich lebe in einem Teil von Sydney, in dem die Leute aus der Stadt in die westlichen und südlichen Vororte pendeln; und die Zeiten, zu denen die Leute pendeln, und die Anzahl der Leute, die das tun, haben sich dramatisch verändert. Ich denke, das spiegelt wider, wie sich die Stadt verändert hat. Sydney ist eine der teuersten Städte der Welt, und ich denke, dass viele Menschen von weit her in die Stadt pendeln. Ein Großteil meiner Fotografien dreht sich um Menschen, die täglich auf diese Weise leben.

Knox Bertie lebt und arbeitet in Sydney. Im Mittelpunkt seiner Fotografie stehen der Mensch, dessen Beziehung zum städtischen Raum, Veränderungen in Sydney und die Auswirkungen des städtischen Wachstums auf den Menschen. Knox’ Arbeiten bewegen sich jenseits traditioneller Street Photography in einer Welt zwischen Wahrheit und Fiktion. Die Fragmente von Zeit und Raum sind eine emotionale Darstellung des Lebens in Sydney. Bertie erforscht neue Techniken und arbeitet sowohl mit traditioneller Filmfotografie als auch – mit der Leica Q2 Monochrom – mit digitalem Schwarzweiß. Erfahren Sie mehr über die Fotografie von Knox Bertie auf seiner Instagram-Seite.