Die Fotografie ist aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken. Der in Polen geborene und in den USA aufgewachsene Fotograf, der derzeit in Island lebt, hat in den letzten Jahren ein bemerkenswertes Werk zusammengetragen. Vor allem seine analogen, oft absurd komischen Motive aus Island haben ihm zahlreiche Fans in der LFI-Galerie und auf Instagram eingebracht. Diesmal ging er mit einer Leica M10 auf einen Roadtrip durch die USA.

Wie haben Sie Ihre Reise geplant?
Gar nicht, ich plane nie etwas im Voraus, wenn es ums Reisen geht. Letztes Jahr war ich zwei Monate unterwegs und bin durch Kalifornien und Arizona gereist.

Sie besuchen die USA immer noch regelmäßig?
Ja, ich besitze auch die US-Staatsbürgerschaft. Ich zog als 14-Jähriger aus Polen dorthin, zu meinem Vater, der in New York lebte. Ich habe die Junior High School in Brooklyn besucht, später zog meine Familie nach Kalifornien.

Aber Sie wollten schnell auf eigenen Beinen stehen?
Ja, ich zog zu Hause aus und lebte früh in meinem Leben allein, vielleicht zu früh. Ich brach die Schule ab und begann auf dem Bau zu arbeiten. Aber mein Traum war es, Juwelier zu werden. Durch Zufall traf ich einen Juweliermeister aus Mexiko, der mir einige Tricks beibrachte, als ich in seinem Laden arbeitete. Nach ein paar Jahren zog ich zurück nach New York und arbeitete im Diamantenviertel für einen der Juweliere dort.

Aber New York bot Ihnen auch noch andere Möglichkeiten?
Ja, ich war Teil der Hip-Hop-Szene. Ich traf ein paar Mitglieder der Band Wu-Tang Clan und freundete mich mit ihnen an, ich lebte sogar ein paar Monate mit Ol’ Dirty Bastard – der Künstlername des 2004 verstorbene Rappers Russel Tyrone Jones, unter dem er besser bekannt war.

Ihr Leben blieb jedoch ziemlich unruhig und turbulent, bis Sie zurück nach Polen gezogen sind. Hat die Fotografie in dieser Zeit schon eine Rolle in Ihrem Leben gespielt?
Ja, seit meinen Teenagerjahren besaß ich eine normale digitale Kompaktkamera. Ich entdeckte, wie einfach es ist, die alltäglichen Objekte um uns herum einzusetzen, ich habe ständig mit ihnen und dem Licht gespielt. Später sparte ich auf eine Leica M6 und machte das, was ich wirklich mag: vor der Kamera posieren.

Ihre Verbundenheit mit den USA ist immer noch groß, wie inspirieren Sie das Land und Ihre Reisen?
Die USA sind immer noch ein Teil meines Lebens, einmal im Jahr bin ich dort. Es ist die Freiheit, die mich an dem Land fasziniert – auf eine bestimmte Weise ist es nicht falsch, was die Amerikaner sagen: Du kannst dich so verrückt kleiden, wie du willst, und niemand wird mit dem Finger auf dich zeigen. Wenn es dein Ding ist, Motorräder oder Autos zu bauen, dann machst du das einfach. In den USA zu reisen, ist unvergesslich. Stundenlange Fahrten durch die Wüsten in Kalifornien und Arizona. Übernachtungen in gruseligen, schmutzigen und vielleicht gefährlichen Motels kann irgendwie Spaß machen – besonders für Fotografen.

Was vermissen Sie aus europäischer Sicht am meisten?
Die Campingkultur, Mittagessen im Park, meine mexikanischen Freunde und die mexikanische Kultur, die ich liebe. Ich vermisse die Hauspartys mit Fässern voll verwässertem Bier, lauter Musik und allen möglichen Leuten. Ich vermisse es, einfach an den Strand zu gehen und stundenlang Surfer zu beobachten. Ich vermisse es, mit meinen Freunden Sport im Fernsehen zu schauen und zu kommentieren, wie sehr ich Sport nicht mag. Ich vermisse, wie sich Männer untereinander verhalten: In einem Moment explodierst du vor Wut und im nächsten sagst du: „Ich liebe dich, Bruder“ – der Clint-Eastwood-Stil halt. Der Unterschied, den ich sehe, ist das Arbeitsethos. US-Amerikaner sind extrem hart arbeitende Menschen, die Dinge schnell erledigen. In Europa sieht man oft einen Mann schaufeln, während ein paar Kollegen zuschauen – in den USA wäre das unmöglich. In puncto riesige Lkw und weites Land sind sich Island und die USA ein wenig ähnlich.

Lassen Sie uns endlich über die Bilder sprechen, die Sie letztes Jahr aufgenommen haben … Was war das Besondere an dem Nationalpark, den Sie besucht haben?
Sicher, die Fotos sind in Kalifornien und Arizona entstanden. Meine Mutter lebt direkt vor den Toren des Yosemite Parks in der kleinen Stadt Oakhurst. Auf eine eigenartige Weise habe ich das Gefühl, dass ich die Natur auf den Bildern kontrollieren kann: Sie kann glücklich und bunt sein, wenn man will, oder dunkel und düster. Das Einzige, was Sie nicht kontrollieren können, sind die Mammutbäume im Yosemite Park. Diese gottähnlichen, majestätischen Bäume sind zu schlau für die Kamera. Ich habe noch nie ein gutes Foto von einem Mammutbaum gesehen. Diese alten Riesen zu berühren, war eine lebensverändernde Erfahrung.

Sie haben auch ein Rodeo besucht.
Ja, in Coarsegold, einer Stadt in der Nähe, die das Erbe der Cowboys am Leben hält. Es ist ein Ereignis, das Sie sehen müssen. Erfahrene Cowboys und Cowgirls reiten ohne Sattel (bareback), nicht zugerittene Pferde (bronco riding) oder fangen Kälber mit dem Lasso ein und fesseln sie (calf roping) – alles nicht ganz ungefährlich, wie Sie sich vorstellen können.

Warum haben Sie diesmal so wenige Selbstporträts gemacht?
Ich hatte in den USA keine Zeit, vor der Kamera zu posieren. Außerdem hatte ich die Leica M10 dabei und Amerikaner lieben es, vor der Kamera zu posieren. Das war großartig.

Sind Sie gut mit der Kamera zurechtgekommen?
Absolut. Mich hat besonderes die Geschwindigkeit der Leica M10 beeindruckt, wie schnell die Kamera startklar ist und wie lange der Akku hält.

Aber Ihre M6 werden Sie weiterhin verwenden, oder?
Ich werde immer mit der M6 fotografieren, aber nur bei besonderen Gelegenheiten. Im täglichen Gebrauch möchte ich eine M10-R verwenden, darauf spare ich gerade. Die M6 schmerzt leider etwas wegen des teuren Materials – ich möchte immer mehr fotografieren, als ich mir leisten kann.

Przemyslaw Mioduszewski geboren am 10. März 1982 in Łapy, einer Kleinstadt in Ostpolen, zog im Alter von 14 Jahren in die USA. Er lebt mit seiner Frau Ewa in Warschau und in Vopnafjörður im Nordosten Islands. Über die Fotografie von Przemyslaw Mioduszewski erfahren Sie mehr auf seiner Website und in seinem Instagram-Kanal.

In Ausgabe 3/2022 präsentiert das Magazin LFI ein Portfolio von Motiven, die in Island entstanden sind.

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