Gleichgültig, ob Golfplatzbetreiber in Las Vegas oder Fischer an der mexikanischen Grenze: Sie alle sind auf das Wasser angewiesen, das im Colorado von den Rocky Mountains bis in den Golf von Kalifornien fließt. Über sechs Wochen lang hat Jonas Kako das Leben am Lauf des Flusses dokumentiert, viele Menschen getroffen und einiges über Landwirtschaft in der Wüste und den Wasserbedarf von Großstädten erfahren. Obwohl das Projekt noch nicht abgeschlossen ist, bietet es schon jetzt einen umfangreichen Einblick in unsere Konsumgewohnheiten.

Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Mein Vater hatte früher ein Geo-Abo und da habe ich mir immer wieder die Reportagen aus aller Welt angeschaut und davon geträumt, auch irgendwann als Fotograf um die Welt zu reisen. Nach der Konfirmation habe ich mir dann meine erste Kamera gekauft und fing an, Landschaften zu fotografieren. Nach der Schule bin ich für drei Monate durch Indien gereist und habe mich das erste Mal an der Reportagefotografie versucht. Mit diesen Bildern habe ich mich in Hannover für den Fotojournalismus-Studiengang bei Rolf Nobel beworben und hatte das Glück aufgenommen zu werden.

Wie kam es zu diesem Projekt und wie sind Sie auf den Colorado gestoßen?
Als Fotograf befasse ich mich schon seit Längerem mit der Klimakrise. Angefangen hatte es 2018 mit einer Reportage über eine vom Anstieg des Meeresspiegels bedrohte Insel, die Isle de Jean Charles an der Küste von Louisiana. Die Menschen dort sind die ersten offiziellen Klimaflüchtlinge der USA und die Regierung siedelt sie nach und nach um. Spannend fand ich, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Insel zum Teil den Klimawandel leugneten, obwohl sie doch selbst so unmittelbar von ihm bedroht sind. Bei der Recherche für eine neue Geschichte stieß ich dann auf den Colorado und war schockiert zu lesen, dass er in den nächsten Jahren komplett austrocknen könnte. 40 Millionen Menschen sind von seinem Wasser abhängig, da könnte man doch meinen, dass alles getan wird, um das zu verhindern.

Wie haben Sie sich vorbereitet?
Die Planung begann am Computer mit stundenlanger Recherche. Ich hatte nur durch Zufall in der New York Times über das Thema erfahren; in Europa gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine Artikel darüber. In den USA ist das Thema allgegenwärtig und so gab es bereits viele Berichte, die mir halfen, Orte zu finden, die ich besuchen wollte, um dort weiter zu recherchieren. Ich fertigte eine Liste an mit Menschen, Dingen und Orten, die sich thematisch einbinden lassen und auf die Problematik am Colorado verweisen. Ich wollte unbedingt mit Viehbauern sprechen, den Lake Mead ansehen und den indigenen Stamm der Cucupa im Norden von Mexiko besuchen, der kaum noch Fische fängt.

Von wo bis wo führte Sie die Reise?
Nach zwei Reisen bin ich den Fluss nun zweimal von der Quelle in den schneebedeckten Rocky Mountains bis zum ehemaligen Delta in Mexiko entlanggefahren. Das waren unzählige Kilometer durch das Gebirge, durch menschenverlassene Wüste und entlang der Küste von San Felipe. Manchmal hatte ich ein konkretes Ziel für den Tag, aber oft habe ich mich auch von der Landschaft treiben lassen und abends einen Ort gesucht, wo ich am nächsten Morgen den Sonnenaufgang fotografieren wollte.

Wie gestaltete sich die Arbeit mit der Leica SL2?
Die Arbeit mit der SL2 war sehr intuitiv. Was mich beeindruckt hat, sind die intensiven Farben, die die Kamera aufnimmt, gerade für die Landschaftsaufnahmen war das wirklich gut.

Wie sind Sie zu Ihren Protagonistinnen und Protagonisten entlang des Flusses gekommen?
Einige, Brian Domonkos etwa, habe ich bereits im Vorfeld kontaktiert. Er ist der Snow Survey Supervisor von Colorado und hat mich mit zu seinen Untersuchungen der Schneemenge in den Rockys genommen. Sie wird seit fast 50 Jahren jedes Jahr gemessen und es zeigt sich ein deutlicher Trend: Sie verringert sich. Einer der Hauptgründe, warum der Colorado schwindet. Andere Protagonistinnen und Protagonisten habe ich durch viel Glück und nur aufgrund der Herzlichkeit der Menschen am Fluss kennengelernt. Ich hatte zum Beispiel im Vorfeld erfahren, dass es im Navajo-Reservat viele Haushalte gibt, die kein fließendes Wasser haben und durch die anhaltende Trockenheit Wasser von weit her mit Tanklastern, auch für ihre Schafe und Kühe, ankarren müssen. Im lokalen Supermarkt habe ich die Kassiererin nach Kontakten gefragt und sie verwies mich dann an Leonard. Noch am selben Nachmittag saß ich mit ihm in einer traditionellen Navajo Sweat Lodge!

Was hat Sie am meisten bewegt, was wird Ihnen auf jeden Fall im Gedächtnis bleiben?
Meine Zeit bei den Cucupa im Norden von Mexiko war die intensivste Zeit meiner Reise. Ich wurde unglaublich herzlich aufgenommen. Zusammen mit Antonia und Leticia durfte ich fischen gehen und ihre Erzählungen über die Zeit, als der Colorado noch floss, waren sehr eindringlich. Der Colorado ist für die Menschen des Flusses – so die Übersetzung von cucupa – nicht nur Naherholungsgebiet wie für viele Amerikaner, sondern ein prägender Teil ihrer Kultur und ihre Lebensgrundlage. Ohne den Fluss und ein sicheres Einkommen durch den Fischfang gehen viele der jüngeren Menschen weg. So stirbt mit dem Colorado auch nach und nach die Kultur des Volkes.

Gibt es überhaupt noch Hoffnung für die Region? Was könnte getan werden, um der Situation Einhalt zu gebieten?
Ich glaube es gibt noch Hoffnung. Im Kleinen gibt es viele Bestrebungen, um den Fluss zu retten. Selbst in Las Vegas gibt es inzwischen Maßnahmen zum Wassersparen, allgemein wird viel Wasser recycelt und zurück in den Fluss geleitet. Allerdings spricht man bei dem Problem oft nur von der Dürre und nicht vom Klimawandel. Viele Menschen sehen es als ein lokales Problem und sind der Ansicht, dass es irgendwann wieder bessere Zeiten gibt, ohne dass man etwas verändern müsste. Letztlich ist das Austrocknen aber eine Folge der Klimakrise und nur global zu lösen. Ob das gelingt, hängt von uns allen ab.

Jonas Kako, geboren 1992, studiert Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover. In seiner fotografischen Arbeit konzentriert er sich seit einigen Jahren auf die Klimakrise und ihre Auswirkungen auf Mensch und Natur. Seit 2017 ist er als Freelancer für den Weser-Kurier in Bremen tätig. Seine Geschichten sind unter anderem im Volkskrant, Stern und in National Geographic erschienen. Erfahren Sie mehr über die Fotografie von Jonas Kako auf seiner Website und in seinem Instagram-Kanal.

Ein umfangreiches Portfolio von Jonas Kako ist in der LFI 7/2022 erschienen.

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