Einen Namen gemacht hat sich Matze Hielscher vor allem durch seinen Podcast „Hotel Matze“, in dem er sich regelmäßig mit interessanten Leuten unterhält – und sie dabei auch fotografiert. Die Leica Q2 ist seine ständige Begleiterin, mit ihr war er nun für die Nevin Subotic Stiftung in Kenia und fotografierte dort den Alltag von Menschen, der trotz Notlagen von Fröhlichkeit und Lebendigkeit geprägt ist.

Für das gesprochene Wort sind Sie bekannt – wie sind Sie auf die Fotografie gekommen?

In meinen Zwanzigern war ich als Musiker viel auf Tour, bin gereist und habe keine Party ausgelassen. Nichts zu tun fällt mir schwer und so habe ich irgendwann angefangen zu fotografieren. Wenn ich jemanden interviewe ,geht es mir darum, den Menschen einzufangen, mit der Kamera geht es eher um Momente, in denen Menschen aber auch „stattfinden“. Die Reportage/Street Photography ist für mich sehr nah an den Gesprächen im „Hotel Matze“: Beides ist nicht reproduzierbar, ein Gespräch ist so einmalig wie ein Augenblick auf der Straße. Ich habe das Verlangen, festzuhalten.

Haben Sie Vorbilder?

Mein erster Held war Anton Corbijn. Seine körnigen, unperfekten Porträts haben mir meine musikalischen Helden nähergebracht. Dann kam das Absurde von Martin Parr und Juergen Teller dazu und die Poesie und Reduktion von Hedi Slimane und Helmut Newton. Meine aktuellen Helden heißen Lars Eidinger, Alan Schaller und Joe Greer.

Ihre Serie ist für die Nevin Subotic Stiftung entstanden. Wie kam es zur Zusammenarbeit?

Neven Subotic war Profifußballer und hat mit Mitte 20 festgestellt, dass fünf Autos vor der Tür und ein großes Haus nicht glücklich machen. Er hat die Autos verkauft und sein Leben außerhalb des Fußballplatzes der Stiftung gewidmet. Ich habe Neven im „Hotel Matze“ interviewt und war sehr beeindruckt von ihm. Seine Stiftung hilft dabei, dass Menschen in Kenia, Äthiopien und Tansania Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten. Ich möchte einen Teil dazu beitragen, die ungleiche Welt etwas auszugleichen und fühle meinen kleinen Anteil in den besten Händen.

Sie sind für die Stiftung nach Kenia gereist, welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?

Diese zehn Tage waren so unglaublich reich an Eindrücken. Gleich am ersten Tag hat sich mein Bild von Armut auf den Kopf gestellt. In einer Gemeinde lud uns der Dorfälteste ein, zu ihm nach Hause zu kommen – das Haus war eine kleine, schwarze Hütte, aus der Hühner gelaufen kamen. Es gab nur einen Raum, der ungefähr sieben Quadratmeter groß war. Dieser Raum war Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Lebensraum von fünf Menschen. Sie berichteten von der Dorfgemeinschaft, von ihrem Leben. Wir haben viel gelacht. Hätte man mir den Ort nur beschrieben, hätte mir vermutlich ein Bild von Armut vor Augen gestanden, aber ich hatte keine Sekunde lang das Gefühl, bei armen Menschen zu sein.

Was wollen Sie mit Ihren Aufnahmen zeigen?

Ich will zeigen, was ich sehe. Ich versuche generell bei meinen Fotos so wenig wie möglich einzugreifen. Ich hatte das große Privileg, vor Ort zu sein, mit den Menschen zu sprechen, ihren Lebensraum zu sehen und zu erfahren, was es bedeutet, keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben. Und was es bedeuten würde, wenn sich das änderte. Das möchte ich teilen. Meine Serie ist kein Appell, eher möchte ich Aufmerksamkeit erzeugen, und dass, wenn es den Betrachtenden möglich ist, sie sich mit einer Spende an der Arbeit der Stiftung beteiligen. Das wäre großartig.

Wie sind Sie den Menschen nähergekommen?

Zumeist lungere ich irgendwo am Rand des Geschehens herum. Wenn ich merke, dass etwas Interessantes passiert, dann schmeiße ich mich in die Situation und fotografiere ganz intuitiv aus der Hüfte. In Kenia sind die Menschen sehr kontaktfreudig. Die Kinder wollen oft fotografiert werden. Bei den Porträts habe ich zuvor immer gefragt.

Fotografiert haben Sie mit der Leica Q2 …

Ja, sie ist die perfekte Begleiterin für mich. Sie hat einerseits die richtige Größe, sie nimmt weder für mich noch für meine Umgebung zu viel Raum ein. Sie ist schnell, sodass ein Moment auch festgehalten werden kann – und sie ist technisch sehr zuverlässig.

Warum haben Sie sich für Schwarzweiß entschieden?

Lange Zeit habe ich ständig gewechselt, mal Schwarzweiß, mal Farbe. Aber ich saß dann ewig vor dem Rechner, habe herumgedreht, Farben rein- und wieder rausgenommen. Aber ich will ja gar nicht so lange vor dem Computer sitzen, sondern draußen sein. In einem Beitrag im YouTube-Kanal von Leica hat der Fotograf Alan Schaller einmal über die „liberation of the limitation“ gesprochen. Durch die Limitierung fallen viele Entscheidungen weg, man kann sich auf das Wesentliche fokussieren. Mittlerweile fotografiere ich direkt Schwarzweiß. Mit der Q2 ist es möglich, so zu fotografieren, wie es dann am Ende aussehen soll. Meine Fotos sind minimal bearbeitet.

Es geht um ein ernstes Thema, doch wir sehen das Leben und lachende, fröhliche Menschen – war das Ihr fotografischer Ansatz?

Es freut mich, dass Sie es so sehen. Denn so habe ich es vor Ort erlebt. Ich will in meiner Arbeit wiedergeben, was ist. Menschen, Situationen, Leben. Eine Fotografie ist natürlich nur ein Ausschnitt, genauso wie ein Interview. Man kann nie alles erfassen. In den zehn Tagen vor Ort habe ich viel Lebendigkeit und Neugierde erlebt – ich kann gar nicht anders, als das zu zeigen.


Matze Hielscher, in einem Dorf in Brandenburg aufgewachsen, war früher in der Indieband Virginia Jetzt! Bassist. Heute lebt er mit Frau, Sohn und Hund Brinkmann in Berlin. Er ist Mitbegründer des digitalen Stadtmagazins Mit Vergnügen. Seit 2016 geht er außerdem im „Hotel Matze“ seiner großen Podcast-Leidenschaft nach. In den Gesprächen dort versucht er herauszufinden, wie sein Gegenüber tickt, was ihn antreibt und inspiriert. Eine Leica Q2 ist seine ständige Begleiterin, mit der er nicht nur seine Gäste fotografiert, sondern auch, was er in der Welt sieht. Manches davon teilt er auf seinem Instagram-Kanal. 

Hier geht es zur Neven Subotic Stiftung. 

 

©Neven Subotic Stiftung