In Paris hat die neue Leica Galerie mit direktem Zugang zum Village Royal im eleganten Quartier de la Madeleine im 8. Arrondissement eröffnet. Die erste Ausstellung zeigt eine Auswahl aus der aktuellen Serie von Paul Cupido. Im Jahr 2022 hatten das Château Palmer, eines der berühmteten Weingüter im Bordeaux, und Leica den Fotografen für die jährliche Instants Residency ausgewählt. Wir sprachen mit ihm über seine poetische Serie, die er gerade auch in erweiterter Form als Buch veröffentlicht hat.

Welchen Hintergrund hat Ihre aktuelle Serie?
Das Buch ist während der Instants Residency entstanden, über ein Jahr und die vier Jahreszeiten verteilt. Alle Bilder habe ich im Château Palmer und in der Umgebung von Bordeaux aufgenommen. Eine gute Freundin von mir, die Fotokünstlerin Chloé Azzopardi, hat mir assistiert und bei den Inszenierungen sehr geholfen. Im Château wurde mir sehr deutlich, dass die Winzer alle zusammenarbeiten – ein ganzheitlicher Ansatz. Ich konnte dieses Kontinuum und den Geist des Ortes als Inspirationsquelle für meine Arbeit nutzen. Auch beim Buch ist die Zusammenarbeit sehr präsent, denn so etwas kann man nie allein machen.

Wie haben Sie den Ort Ihrer Künstlerresidenz erlebt?
Bei meinen Besuchen auf Château Palmer hatte ich die Gelegenheit, die Menschen zu treffen und kennenzulernen, die geografische Lage an den üppigen Ufern der Garonne zu erleben und einen Eindruck von der Philosophie und dem Erbe des Châteaus zu gewinnen – und natürlich von der Art und Weise, wie die wunderbaren Weine dort entstehen. Ich war sehr beeindruckt von dem Schloss, den Tieren, dem Boden, dem Anbau und der Hingabe. Mein Ziel und mein Wunsch ist es, diese Elemente poetisch zu interpretieren, wie ein Komponist, der seine Gefühle in Noten ausdrückt, oder ein Winzer, der interpretiert, was die Natur uns schenkt.

Was verbinden Sie mit dem Titel Séléné, der Mondgöttin, die in der griechischen Mythologie für den Wechsel von Tag und Nacht steht?
Assoziativ und gestalterisch knüpft Séléné auch an andere Quellen an, etwa an das japanische Volksmärchen vom Bambusschneider. Im biologisch-dynamischen Weinbau von Château Palmer ist die Position des Mondes entscheidend. Ich glaube an die Philosophie, dass sich ein Projekt selbst schreiben kann: Der Titel kam auf ganz natürliche Weise und gefiel mir auf Anhieb.

Hat der Mond schon immer eine besondere Rolle in Ihrem Leben gespielt? Ja. Ich bin mitten in der Natur auf der Insel Terschelling (Niederlande) aufgewachsen und kann heute rückblickend sagen, dass mir das die Zyklen des Lebens sehr bewusst gemacht hat. Ebbe und Flut, die Jahreszeiten, der Leuchtturm, der alle 4 Sekunden kurz mein Schlafzimmer erhellte. Das Beobachten beginnt nachts. Die Vorstellung, dass der Mond die Gezeiten kontrolliert, vermittelt ein Gefühl für das Existenzielle und die eigene Nichtigkeit. Ich finde das unendlich faszinierend: Wir sind ein winziges Element in einem riesigen Universum, in dem alles mit allem verbunden ist.

Mit welchem Equipment haben Sie gearbeitet?
Ich habe drei Leica-Kameras verwendet, die X-U, die S3 mit Summarit-S 1:2.5/70 ASPH. und meine geliebte SL2-S mit dem Summaron-M 1:5.6/28. Darüber hinaus hat mir Leica France die Möglichkeit gegeben, weitere Objektive auszuwählen – der pure Luxus. Ich habe das Noctilux-M 1:1.25/75 ASPH. viel benutzt; es war sehr schwer, es am Ende der Residenz zurückzugeben.

Wie viel Nachbearbeitung steckt in Ihren Bildern?
Ich kann die Bilder nicht im Detail erklären, da sich die meisten glücklichen Zufällen verdanken. Meine Arbeit besteht eigentlich aus zwei Phasen: dem Fotografieren selbst, dem Sammeln, wenn ich auf Reisen bin und meine Komfortzone wirklich hinter mir lasse. Ich lasse mich von dem Abenteuer inspirieren und fange Momente ein, wie sie kommen, ohne viel zu planen. Die Natur inspiriert mich unendlich. Die zweite Phase findet zu Hause in meinem Atelier statt. Dort ist meine Komfortzone. Meine Arbeit ist oft eine Kombination mehrerer Fotos. Ich lege alle Drucke vor mich hin und beginne, sie intuitiv herumzuschieben. Manchmal ergibt sich sofort etwas, und ich habe innerhalb von zwei Stunden drei neue Bilder. Es kann auch länger dauern, manchmal Monate, sogar Jahre. Der Trick besteht darin, nichts zu erzwingen, sondern darauf zu achten, was die Arbeiten selbst wollen.

Die Ausstellung in der Leica Galerie Paris läuft bis zum 30. Juni 2023. Der Bildband Séléné ist bei Filigranes Éditions erschienen. Er enthält auch einen begleitenden Text von Ryoko Sekiguchi. Die Ausgabe 4/2023 der LFI präsentiert ein umfangreiches Portfolio von Paul Cupido.

Paul Cupido, 1972 auf der niederländischen Insel Terschelling geboren, reiste nach dem Abschluss an der Fotoakademie Amsterdam zunächst nach Japan und dann in die tropischen Zonen des brasilianischen Amazonas. Bis heute ist die Arbeit des Fotografen vom Zen-Buddhismus inspiriert, sein Interesse gilt der vergänglichen und ewigen Schönheit der Natur. Erfahren Sie mehr über die Fotografie von Paul Cupido auf seiner Website und in seinem Instagram-Kanal.

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