Für die Arbeit an ihrer jüngsten Serie Hypnerotomachia Venetiae (2023), die sich um Metaphern der Transformation dreht, hat Alisa Martynova die neue Leica Q3 genutzt. Ein Roman aus der Renaissance und das von der Lagune geprägte Bild Venedigs inspirierten sie zu traumhaften Bildern, die Martynova in surreale Kulissen einbettet. Sie sprach mit uns über ihre künstlerische Haltung, ihre Inspirationsquellen und ihre Erfahrungen mit der neuen Leica Q3.
Mit Ihrer Serie Hypnerotomachia Venetiae beziehen Sie sich auf ein Buch des venezianischen Schriftstellers Francesco Colonna aus dem Jahr 1499, Hypnerotomachia Polifili. Der Roman handelt von einem Jüngling, der im Traum nach seiner Geliebten sucht. Hat dieses Buch Sie und das Projekt beeinflusst?
Der Roman gilt als eines der rätselhaftesten und schönsten literarischen Werke aller Zeiten. So mysteriös und überraschend wie Venedig selbst, zeigt das Buch einen Traum im Traum an einem Schauplatz voll imaginärer Architektur und einer Natur voller Geister. Ein junger Mann auf der Suche nach seiner Geliebten: Ich habe das Gefühl, dass ich mit meinem Projekt auf der Suche nach der wahren Seele Venedigs war. Während der Arbeit daran habe ich touristische Orte gemieden, ich versuchte, etwas zu sehen, das sich unter der Schönheit venezianischer Fassaden befand, und wollte die ursprüngliche Umgebung der Gebäude einfangen. Analytische Studien besagen, dass ein Traum in einem Buch „die Architektur einer Seele ist, die die Gebäude erhebt und schmückt, die Landschaften malt und die Lebewesen gestaltet“. Mich erinnert das irgendwie an die künstlerische Praxis: Wir erschaffen durch unsere künstlerische Vision eine neue Realität.
Was hat Ihre künstlerische Vision angefacht?
Das waren unterschiedliche Dinge. Seit ich klein war, wollte ich Künstlerin werden wie meine Tante. Dann war es mein Traum, Schauspielerin zu werden, und ich besuchte als Hobby eine Theaterschule. Später, während meiner Studienzeit, spielte ich in einer experimentellen Theatergruppe und versuchte mich auch als Regisseurin. Als ich mich von der Schauspielerei entfernte, träumte ich davon, Filme zu drehen. 2014 habe ich in Prag meinen ersten Film-Workshop gebucht. In der Zeit nahm ich auch an einem Dunkelkammer-Workshop in Florenz teil. Der Kontakt zu den Chemikalien, das Entwickeln der Bilder – ich entwickelte ein Gefühl dafür, dass ich mich durch Fotografie ausdrücken kann.
Ausdrücken ist ein gutes Stichwort: Sie waren eine der Ersten, die mit der Leica Q3 gearbeitet haben. Welche Eindrücke haben Sie von der Kamera?
Ja, das stimmt, die Kamera war ja brandneu. Ich schätze die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich habe früher mit einer Leica SL gearbeitet, die unglaubliche Bilder liefert, aber etwas zu schwer ist, um sie lange mit sich herumzutragen. Die Q3 war eine ausgezeichnete Wahl für Landschaften und lange Spaziergänge auf der Suche nach Motiven.
Was hat Ihnen am besten an der Kamera gefallen?
Dass sie ein Weitwinkelobjektiv mit Makrofunktion besitzt. Es erlaubte mir, einen großen Bereich aufzunehmen und eine Art Muster aus einer Landschaft zu schaffen. Andererseits konnte ich auch kleinen Dingen sehr nahekommen. Ich war 35-mm- und 50-mm-Optiken gewohnt, also hat das 28-mm-Objektiv der Q3, das ohne Verzerrungen perfekt funktioniert, meine Kreativität angeregt und mir sozusagen eine größere Bandbreite gegeben. Auch die automatische Korrektur stürzender Linien in Architekturaufnahmen hat mir gefallen. Bei der Arbeit mit Gebäuden war es manchmal schwer vorstellbar, wie sie nach der Korrektur aussehen würden, und diese Funktion half mir, meine Motive sorgfältiger auszuwählen.
Wie hat sich das auf die Farben und die Beleuchtung ausgewirkt?
Das charakteristische Merkmal aller Leicas, mit denen ich gearbeitet habe, ist ihre Farbwiedergabe und die unglaubliche Möglichkeit, bei schlechten Lichtverhältnissen zu fotografieren. Wenn ich nach Hause komme, muss ich nur ein paar Einstellungen anfassen, aber das Bild ist immer schon da. Das schwache Licht betreffend konnte ich in den Raw-Dateien Licht und Farbe aus völliger Dunkelheit herausholen, ohne Details zu verlieren. Bei diesem Projekt entsprach die Q3 meiner Neugier. Mit ihrer intuitiven und schnellen Leistung lieferte sie ein hervorragendes Ergebnis. Ich liebe es, mit Leica Kameras zu arbeiten. Sie fühlen sich immer wie eine Verlängerung meiner Hand an und sind gleichzeitig etwas Solides mit starkem Charakter.
Wie unterscheiden sich die mit der Leica Q3 aufgenommenen Bilder von anderen Serien, die Sie zuvor aufgenommen haben?
Wie ich schon sagte, konnte ich mit dem Kontrast zwischen der weiten Landschaft und ihren kleinsten Elementen spielen. Aufgrund ihres geringen Gewichts konnte ich auch im Moment der Aufnahme experimentieren und manipulieren. Sie erlaubte mir, mich zu bewegen und nicht statisch zu sein, was ich sehr schätze.
Alisa Martynova, 1994 in Orenburg, Russland, geboren, studierte Philologie und schloss ihr Studium der Fotografie an der Fondazione Studio Marangoni in Florenz ab. Ihre Arbeit beschäftigt sich mit universellen Themen wie Transformation, Raum, Zeit und Träumen. Ihre Bilder erschienen etwa in Internazionale, D-Repubblica, Leica Fotografie International, Fisheye und im 20er Magazine. Sie erhielt u. a. 2021 den World Press Photo Award Portrait Series und wurde 2020 und 2022 für den Leica Oskar Barnack Newcomer Award nominiert. Ihre Arbeiten waren in internationalen Galerien und auf Festivals zu sehen, darunter La Gacilly Photography Festival, Photo Brussels, Cortona on the Move und Encontros da Imagem. Sie erfahren mehr über die Fotografie von Alisa Martynova auf ihrer Website und in ihrem Instagram-Kanal.
Weitere Bilder aus dem Projekt von Alisa Martynova finden Sie in der LFI 7/2023.
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