Sie war immer ganz dicht dran: Von Washington aus begleitete Diana Walker als Fotografin des Time Magazine seit Mitte der 1980er-Jahre die Präsidentschaften von Ronald Reagan, George H. W. Bush und Bill Clinton. Darüber hinaus dokumentierte sie auch die Wahlkämpfe von Jimmy Carter, Walter Mondale, Al Gore, John Kerry und Hillary Clinton. Ihre Bilder sind längst zeitlos geworden, denn ihr gelang es immer perfekt, nicht nur einen bestimmten Moment zu dokumentieren, sondern auch Bilder zu schaffen, die – von dem eigentlichen Anlass losgelöst – heute viel mehr über die porträtierte Persönlichkeit und über das sensible Räderwerk der politischen Inszenierung erzählen. Wir sprachen mit der großen Fotografin über ihre Anfänge und ihre Erfahrungen.

Wann begann Ihr Interesse an der Fotografie?
Ich liebte es, wie Kameras funktionierten. Ich erinnere mich an meine erste Kodak Brownie Hawkeye und verliebte mich bald in eine Kamera im Schaufenster von Morgan’s Pharmacy in der Nähe unseres Hauses: eine Kodak Pony 135. Während meiner gesamten Teenagerzeit fotografierte ich zu Hause und in der Schule. Ich liebte Tri-X-Schwarzweißfilme, da ich sie in unserem Keller entwickeln konnte, wo meine Chemikalien immer dem Waschmittel im Weg waren! Als ich die High School erreichte, ging ich, wie es im Leben meiner Eltern und meiner älteren Brüder üblich war, auf ein Internat. Ich habe oft gelacht, dass ich mein Internat nur deshalb gewählt habe, weil es eine schöne Dunkelkammer hatte! Ich hatte zwei Interessen, die mich davon abhielten, so viel zu lernen, wie ich hätte lernen sollen: Fotografie und Theater.

Wie ging es dann weiter?
Auf dem College stand der Schauspielunterricht ganz oben auf der Liste meiner Aktivitäten. Meine Kameras sammelten Staub. Mit 20 Jahren war ich verheiratet, bekam in den 1960er-Jahren zwei Söhne, und als unsere Familie wuchs, fing ich wieder an, unsere Jungen zu fotografieren. Ich glaube, dass das Interesse meiner Mutter an Farben, an Mode, an den Impressionisten und an Kunst im Allgemeinen eine sehr hilfreiche Wirkung auf mich hatte. Ich glaube, es begann zu beeinflussen, wie ich Bilder komponierte. Ich half bei der Dekoration der Schaufenster im Kleidergeschäft meiner Mutter und versuchte, etwas von ihrem Charme zu übernehmen. Mit dem Charme bin ich definitiv gescheitert.

Und wie fanden Sie dann zurück zur Fotografie?
Eine gute Freundin meinte, ich solle lieber fotografieren. Ein guter Rat. Und sie war so eine gute Freundin, dass sie sagte, sie würde sich mit mir zusammen selbstständig machen, um mir den Einstieg zu erleichtern. Also gründeten wir I AM A CAMERA. Wir fotografierten Hochzeiten, Bar Mitzwas und Bilder für Buchumschläge. Ich machte jeden Fehler, den man machen konnte. Dann kam ein Anruf von einem kleinen politischen Magazin, bei dem ein guter Freund arbeitete … ob ich Interesse hätte, Bilder zu machen, bei denen das Geld minimal wäre, aber die Erfahrung großartig? Der große Anreiz war, dass der Herausgeber einen Presseausweis für mich beantragen würde, mit dem ich das Weiße Haus und den Capitol Hill besuchen konnte! Damit begann mein Leben in Bildern.

War damit auch Ihr Weg in die Welt der politischen Reportage vorgezeichnet?
Seltsamerweise sind mein verstorbener Bruder und ich beide Fotografen geworden. Die Arbeit meines Bruders führte ihn nach New York und in die Welt der Mode und der Inneneinrichtung. Meine Welt war Washington, wo die Politik das Thema war. Als Tochter eines Arztes und einer Boutiquebesitzerin war es für mich ganz normal, einen Politiker zum Abendessen in unserem Haus zu sehen, oder Kolumnisten, Senatoren, Beamte des auswärtigen Dienstes usw. In der Schule hatten wir die Tochter eines Botschafters, eines Kongressabgeordneten, eines Kabinettssekretärs oder eines Elternteils, das zu den McCarthy-Anhörungen geladen war. Ich erinnere mich, wie mein Vater Angestellte der Weltbank medizinisch untersuchte oder meine Mutter das richtige Kleid für die Reise einer First Lady nach Indien fand – all das war ein natürlicher Teil meiner Welt.

Offenbar die beste Voraussetzung, im Weißen Haus zu arbeiten?
In den Reagan-Jahren hatte mein Redakteur bei Time die Idee, mich zu bitten, hinter die Kulissen zu gehen, wo es kein Licht und keine Mikrofone gab, wo es keine anderen Fotografen gab, außer vielleicht den Fotografen des Präsidenten. Ich verlangte von Time, dass kein Reporter bei mir sein sollte, wenn ich „hinter die Kulissen“ gelangen konnte. Das war für mich der Schlüssel. Kein Reporter, der die Leute ablenkte. Das Weiße Haus musste darauf vertrauen, dass ich nichts wiederholen würde, was ich hörte. Ich nahm es sehr ernst, dass ich mit einer Leica und nicht mit einem Bleistift in den Raum kam. Ich liebte die Arbeit hinter den Kulissen, und es gab nur eine Art von Kamera, die ich benutzen würde: meine Leica Messsucherkameras der M-Serie.

Wie sehen Sie heute Ihre Arbeit im Rückblick?
Heute fällt mir auf, wie sehr sich die Welt der Zeitschriften im Vergleich zu meiner Arbeit verändert hat. Ich glaube, die 60er, 70er, 80er und 90er-Jahre waren das goldene Zeitalter der Zeitschriften. Politiker und Präsidenten wollten in Time, Newsweek, der New York Times, US News, dem Stern, Paris Match oder der britischen Sunday Times erscheinen. Time wollte, dass ein Fotografenteam jeden Tag im Weißen Haus war, damit wir nichts verpassten, was der Präsident tat, selbst wenn er keine öffentlichen Termine hatte. Wir durften keine Überraschung verpassen, und das sind eine Menge Tagessätze! Und es gab reichlich Arbeit.

Wie beurteilen Sie die Pressearbeit von heute, da eine schiere Masse von aktuellen Bildern in den Medien um Aufmerksamkeit buhlt?
Mit der Einführung einer Kamera in einem tragbaren Telefon änderten sich die Dinge natürlich radikal. Auf viele verschiedene Arten. Die sozialen Medien begannen, Nachrichten im Handumdrehen um die Welt zu schicken. Die Menschen beziehen ihre Nachrichten jetzt online, und Fake News haben alle Nachrichtenkanäle unterminiert. Es gibt keine Morgenzeitungen mehr, wenn die Leute die Unterhaltungsversion auf Instagram oder TikTok abrufen können.

Mit ein bisschen Wehmut schauen wir umso lieber Ihre Aufnahmen an, von denen Sie kürzlich eine neue Auswahl im Bildband Through Her Lens veröffentlicht haben. Vielen Dank für das Gespräch!

Diana Walker wurde am 20. Januar 1942 in Washington D. C. geboren. Zunächst als freie Fotografin tätig, arbeitete sie ab Mitte der 1970er-Jahre beim Magazin Washington Monthly. Ab 1979 war sie Vertragsfotografin des Time Magazine und hatte so die Chance, direkt aus dem Weißen Haus zu berichten. Ihre Arbeiten erschienen in internationalen Magazinen, wurden vielfach ausgestellt, und sie publizierte zahlreiche Bildbände, darunter The Bigger Picture. 30 Years of Portraits (National Geographic, 2007), Hillary: The Photographs of Diana Walker (Simon & Schuster, 2014) und Through Her Lens: The Photojournalism of Diana Walker (Briscoe Center for American History, Texas 2024). Das Diana Walker Photographic Archive im Briscoe Center umfasst über 200 000 Bilder. Diana Walker lebt in Washington D. C.

Ein Portfolio zum Werk von Diana Walker ist im LFI-Magazin 4.2024 erschienen.