Vor vier Jahren habe ich mich auf mein bisher grösstes Fotobuchprojekt mit Namen «Water the Essential» eingelassen. Das Hauptanliegen dieser Arbeit ist es, das Bewusstsein für Probleme im Zusammenhang mit Wasser weltweit zu fördern. Ich habe mich einige Jahre auch mit der Malerei beschäftigt und dabei unter anderem die Abstraktion von Formen untersucht. Als ich mich wieder der Fotografie zuwandte, entdeckte ich, dass mich die Einfachheit und Abstraktion der Malerei zu einer neuen Arbeitsweise geführt hatten.

Ich mag es, das Bild bis auf seine grundlegendste Form zu vereinfachen, um den Fokus auf die wahre Struktur und die Eigenschaften von Wasser legen zu können. Ich denke, durch dieses «Destillieren» eines Bildes, lernen die Betrachter die grundlegende Erscheinungsform von Bewegung und die Reflexion des Lichts schätzen. Ganz ähnlich, wie bei den Künstlern des Konstruktivismus. Eines meiner Lieblingsbilder ist das Wassertröpfchen, das die Textur der Haut annimmt, als ob Wasser für die Sequenzierung allen Lebens verantwortlich wäre. Es hat zudem eine ähnliche Form wie Baumrinde. Hierin kann ein viel breiteres, universelles Thema meiner Arbeit mit Wasser gesehen werden.

Ich mag auch das Bild der kreisenden Fische. Es vermittelt mir dieses erfüllende Gefühl von Leben, wenn ich die vielen Fische und das Wasser betrachte. Es gibt nichts, was die Aufmerksamkeit des Betrachters von dieser Idee ablenken könnte.

Die Geschichte von Vaughan James und Leica

Die erste Leica, die mir begegnet ist, war diejenige meines Grossvaters, als ich ein Kind war. Dieses silbern schimmernde Objekt hat unser Familienleben in Erinnerungen verwandelt. Mein Grossvater war ein einzigartiger Mann. Er lebte in Neuseeland, trieb keinen Sport, arbeitete als Mechaniker, besass ein erfolgreiches Geschäft, spielte Geige und sammelte schöne Musikinstrumente.

Nebst alledem verbrachte er die Wochenenden auf seinem geliebten Motorboot. Er war kein typischer Neuseeländer und seine Kamerawahl war es ebenso wenig. Er wusste Qualität und Präzision definitiv zu schätzen. Leider verstarb er 1982 und die Kamera verschwand anschliessend für mehr als 35 Jahre in einer Schublade.

1992 begann ich, als Fotograf zu arbeiten. Ich fotografierte für Magazine und schoss als Luftfotograf Bilder vom Helikopter aus. Zum echten Leica-Fan wurde ich erst einige Jahre später. Ich hatte das Glück, mir von einem anderen Fotografen eine M4-Entfernungsmesserkamera leihen zu können. Die M4-Entfernungsmesserkamera mit einem 35 mm-Objektiv war unaufdringlich und eignete sich damit perfekt, um Bilder von schüchternen Menschen zu schiessen. Sie hatten plötzlich keine Angst mehr vor den Taschen voller Ausrüstung, Blitzgeräte und Stative. Ab sofort waren nur noch ich und das natürliche Licht da, um ihnen ihre Befangenheit zu nehmen. Schliesslich kam ich an einen Punkt, an dem sie ihr Leben so weiterlebten, als ob ich nicht da wäre. Später kaufte ich eine M6 Titanium und begann, sie für Arbeiten für die Magazine zu verwenden.

Für dieses Projekt zum Thema Wasser habe ich R4-, R7- und R8-Filmkameras verwendet, wieder mit einem 35 mm-Objektiv mit fester Brennweite. Ich liebe einfach ihre einfache Handhabung und fotografiere immer von Hand, damit ich über jeden Aspekt des Fotos nachdenke, sowohl was die Bildkomposition als auch die technischer Perspektive angeht. Ich verwende in der Regel Kodak Tri X 400, der sich durch einen grossartigen Belichtungsspielraum, eine tolle Kornstruktur und einen guten Kontrast auszeichnet. Je weniger Equipment ich benutze, desto besser kann ich mich auf mein Objekt konzentrieren.

2015 habe ich schliesslich die Leica meines Grossvaters aus den frühen 50er-Jahren geerbt. Anhand der Seriennummer habe ich herausgefunden, dass sie ca. 1954 hergestellt wurde und es sich um eine IIf handelt. Sie war während mehr als 35 Jahren nicht benutzt worden und zu diesem Zeitpunkt über 63 Jahre alt. Ich nahm eine Filmrolle und stellte irgendwie Kontakt mit meinem Grossvater her. Es war, als ob ich ihm zeigen würde, wie eine neue Generation, die seiner Urenkel, heranwächst, und dass seine eigene Tochter mittlerweile viel älter ist. Es gibt nur sehr wenige Kameras, die von einer Generation an die nächste oder von einem Fotografen an den nächsten weitergegeben werden können, wie wenn ein Meisterhandwerker seine Werkzeuge seinem Lehrling weitergibt. Die Tatsache, dass die Familiengeschichte über drei Generationen hinweg durch die Linse derselben Kamera erfasst werden kann, ist wirklich erstaunlich.

Vaughan James lebt und arbeitet in Zürich.