Daniela Rommel und Vera In-Albon arbeiten bei den Schweizer Wanderwegen. Über ihre grossen und manchmal auch ganz alltäglichen Abenteuer bloggen die beiden normalerweise im Blog der Schweizer Wanderwege.

Diesmal waren sie jedoch im Auftrag von Leica Camera im St. Gallischen Calfeisental unterwegs.

Das Ziel: was kann man mit Fernoptiken auf einer Wanderung so alles anstellen?

Mit im Rucksack: die Ferngläser Ultravid 7×42 HD und das Ultravid 10×25 BR. Das Spektiv APO-Televid und die Leica Q und D-Lux Kameras für Fotos und Digiscoping.

 

Vera: Der Schmetterling auf der Blume. Die Orchidee mitten im Gestrüpp. Der Steinbock sieht mir direkt ins Gesicht, aber er steht ungefähr 300 Meter weiter oben. Der Gigerwaldsee unten im Tal: zuerst nur ein türkisfarbener Tropfen, dann ein leuchtendes Juwel, zum Greifen nah.

Distanzen haben auf dieser Bergwanderung rein gar nichts mehr zu bedeuten. Ob etwas zehn Zentimeter vor uns ist oder sieben Kilometer weit weg: dank den Fernoptiken haben wir vier Augen.

Von der Walsersiedlung St. Martin wandern wir zur Sardonahütte SAC im St. Gallischen Calfeisental. Im Gepäck haben wir – für mich sehr atypisch – Ferngläser. Dany ist es sich als Naturwanderin eher gewohnt, mit diesen zu wandern, da sie sich viel Zeit nimmt um Flora und Fauna zu erkunden.

Nicht, dass ich noch nie ein Fernglas in der Hand gehabt hätte. Es wäre mir einfach nicht in den Sinn gekommen, eines zum Wandern mitzunehmen. Ich habe etwas verpasst, wie sich noch herausstellen wird…

Noch kurzweiliger wird die ohnehin schon abwechslungsreiche Bergwanderung mit unseren Sehhilfen. Wir brauchen geschlagene drei Stunden länger als auf den Wegweisern angegeben und erreichen die Hütte pünktlich zum Abendessen.

 

Dany: Wir haben Glück, dass sich ein Rudel von 25 bis 30 stattlichen Steinböcken schon direkt nach unserer Ankunft ein kleines Stück oberhalb der Sardonahütte aufhält. Eigentlich der perfekte Lebensraum, so in steilem, felsigem Gelände. Fünf Minuten nach Ankunft stehen wir daher ausgerüstet mit den Ferngläsern vor der Hütte und beobachten die imposanten Tiere.

Manche sind friedlich am Äsen, andere ziehen planlos umher und wieder andere liefern sich einen kurzen, aber heftigen Schlagabtausch. Die Hierarchie muss schliesslich geklärt werden!

Blick auf die Steinböcke mit dem Digiscoping-System

Dany: Dort oben auf 2158 m ist es so windig und kalt, dass uns fast die Finger abfrieren… Dennoch harren wir aus und versuchen, das Spektiv APO-TELEVID 65 mit Kamera aufzubauen. Nachdem wir es samt Stativ auf den Berg geschleppt haben, wollen wir es auch unbedingt ausprobieren.

Und was eignet sich da besser als eine ganze Gruppe friedlicher Steinböcke!? Der starke Wind aber bringt die ganze Konstruktion zum Wackeln und sogar mit Selbstauslöser werden die Bilder leicht unscharf…

Ja, der Hüttengast hat höflich gefragt, ob er denn auch mal dürfe.

Die anderen Hüttengäste haben mit unseren Ferngläsern ihre wahre Freude – egal ob kleines oder grosses Fernglas, sie reissen sie sich gegenseitig fast aus den Händen, um auch einen Blick auf die Steinböcke zu ergattern.

Vera: Wie lange hätte ich danach noch draussen bleiben und ins Tal hinunterschauen können, wäre es am Abend nicht so kalt und… nun ja, dunkel, geworden. Wie sehr ich mir wünschte, dass es in der Nacht nicht geregnet hätte und der Himmel klar gewesen wäre. So gerne wäre ich aufgestanden und hätte mit dem Ultravid die Sterne angeschaut, die in den Bergen noch viel heller leuchten als im Tal.

Am nächsten Morgen weckt uns das Vogelgezwitscher aus dem iPhone um 6:00 Uhr. Wir wollen früh los, damit wir die Tiere nicht verpassen! Doch mit dem Blick aus dem Fenster schwindet die Vorfreude schnell: Regen und Nebel. Da nützt auch das beste Fernglas nichts.

Ja, das grosse ist definitiv mein Lieblingsglas.

Also dehnen wir das Frühstück aus und vergnügen uns mit den Hüttenkatzen Henry und Mauz. Als wir dann doch aufbrechen, werden wir mit einem wunderschönen Wolkenschauspiel belohnt.

Das Modell Ultravid 7×42 HD entpuppt sich schnell als mein Lieblingsglas.  Gerade mit seinem Gewicht liegt es mir gut in der Hand und ich kann es ruhig halten, ohne mich aufstützen zu müssen. Zudem hat es eine Art Auto-Fokus, der mich komplett verblüfft: Je nachdem, was ich mir ansehe, die Mitte oder den Hintergrund, verändert es seine Schärfe. Ich komme mir vor wie ein Cyborg.

Und, wo sind die Gämsen? Sie sind da, aber nur mit dem Fernglas zu finden!!!

Dany: Streckenweise laufen wir ewig durch felsige und einsame Gegenden und halten Ausschau nach irgendetwas, das sich bewegt. Nur leider tut sich erstmal wenig. Das beste Fernglas hilft nichts, wenn man nicht genau weiss, wo man suchen soll. Klar, durch Zufall begegnet man bestimmt dem einen oder anderen Tier, aber eine gezielte Vorbereitung macht durchaus mehr Sinn. Wenn man die Lebensräume und Vorlieben der Vierbeiner kennt, dann ist das schon die halbe Miete. Zum Glück ist das kein Neuland für mich und wir finden, wonach wir gesucht haben: Gämsen, Murmeltiere und Steinadler tauchen vor unseren Linsen auf.

Viele Wildtiere sind frühmorgens und abends am aktivsten. Oft begegnet man ihnen, wenn sie in ihre Tageseinstandsgebiete wechseln oder diese wieder verlassen. Steinböcke geniessen vor allem die ersten Sonnenstrahlen am Morgen und nutzen die Wärme der abstrahlenden Felsen. Im Sommer halten sich Steinbock und Gämse hoch oben auf und legen tagsüber längere Ruhepausen im Schatten ein.

Und bei den Murmeltieren hat sich’s tatsächlich bewahrheitet – die Baby-Murmelis verlassen etwa ab Anfang Juli ihren Bau und halten sich draussen vor den Löchern auf. Mit den Ferngläsern können wir aus der Distanz ihr munteres Treiben beobachten. Sie bemerken unsere Anwesenheit wohl nicht. Denn sobald Gefahr droht, würden sie schneller in ihrem Bau verschwinden als uns lieb ist.

Vera: So ein Fernglas ist auch ziemlich praktisch, wenn der nächste Wegweiser noch etwas weiter weg ist, so wie es uns am Plattensee geschieht. Leicht fröstelnd sind wir gerade zu bequem, um aufzustehen und die paar Schritte zu gehen, um die Zeitangabe zu lesen.

2 Stunden 15 Minuten bis St. Martin? Das wussten wir schon vorher

 

Aha, die Dame hat den Herrn überholt

Wir sehen auch, dass die Dame mit den schönen Haaren ihre Position im Wandergrüppchen stärken konnte, als sie endlich oben auf dem Pass ankommen. Die Gruppe hat übrigens auch in der Hütte übernachtet und ist eine ganze Stunde nach uns aufgestanden, hat uns aber trotzdem überholt! Tja, die haben halt keine Ferngläser dabei… während eines von vielen höflichen, aber etwas ungelenken Überholmanövern lassen wir ein paar von ihnen aber mal durchschauen. (Sie kennen das; wenn zwei Gruppen etwa gleich schnell unterwegs sind und sich immer wieder begegnen und gegenseitig überholen. Immer etwas unangenehm…) Aber cool so ein Fernglas, nicht?

Der Abstieg tut mir wie jedes Mal ein bisschen weh. Stundenlang könnte ich mir die Welt hier oben mit meinen vier Augen einverleiben. „Meine“ vier Augen, ganz recht. Ich war sicher nicht das letzte Mal mit dem Fernglas auf Wanderschaft.