Roland Schmid drückt nicht oft ab. Er hat sein Handwerk, die Analogfotografie, von Grund auf erlernt und über die Jahre perfektioniert. Es ist die Kunst der Fotografie, welche eine Renaissance erlebt. Es ist ein Handwerk, welches sich so sehr von der heutigen Fotografie unterscheidet. Und es sind fast immer Bilder mit Charakter, die mit einer eindrücklichen Stille eine besondere Geschichte erzählen.

Wenige Bilder zu machen braucht Selbstvertrauen. Und ein vertieftes Know-how über die Kunst der Analogfotografie. Roland Schmid hat beides. Dies verraten seine Bilder, welche meist das Zeitgeschehen im Osten Europas dokumentieren, eindrücklich. Man hält inne beim Betrachten dieser Aufnahmen, will kein Detail verpassen und fühlt die Einzigartigkeit des Augenblicks. Dies ist der Zauber der Analogfotografie. Und dies ist das Können des Fotografen, welcher die Leica M zelebriert. Ein Glücksfall.

 

Das Geräusch der Analogfotografie

«ich bin immer mehr oder weniger hineingestolpert in wichtige Vorgänge der Geschichte. So sah ich das alte Bukarest unter Ceaucescu, wo ich auf einer Reise nach Griechenland unfreiwillig hängengeblieben war. Oder erlebte den Putsch gegen Gorbatschow in Russland, als damaliger Slawistikstudent. Und ich befand mich in Bratislava bei der Spaltung der Tschechoslowakei», erzählt Roland Schmid. Er bereiste noch viele andere Länder im gesamten Ost-Raum und schloss dabei viele Freundschaften. «Es bricht mir das Herz, was nun im Osten Europas passiert, in der Ukraine. Gerne würde ich Menschen besuchen gehen, die ich kenne. Um zu wissen, wie es ihnen geht. Aber es ist schwierig, die meisten von ihnen leben momentan in russisch kontrolliertem Gebiet.»

Auf seinen vielen Reisen stets dabei hatte Schmid eine Leica M. Zu Beginn die M3 («meine allererste Leica-Kamera, welche ich nie weggegeben habe»), inzwischen vor allem die Leica M6 oder die Leica MP. «Eine Leica ist wie ein Kumpel. Man erlebt viel zusammen, zum Teil unglaubliche Momente, so dass man die Kamera über die Jahre ins Herz schliesst. Mit einer anderen Kamera ist es nicht dasselbe. Ich mag die Geräusche der Leica Analogapparate, deren Kompaktheit, die Präzision und Geschwindigkeit sowie die Langlebigkeit. Und selbstverständlich mag ich die überragende Qualität meiner Objektive, welche zum Teil über 60 Jahre alt sind».

 

Die Magie langer Beziehungen

Viele Fotografen kaufen stets die neueste Ausrüstung, nicht so Roland Schmid. «Ich mag es, mit der Kamera eine Beziehung aufzubauen. Und ich mag lange Beziehungen. Ich besitze und brauche mehrere Objektive aus den Jahren 1956 – 1995. Sie haben mehr Charakter, man spürt das Glas, was ich aber überhaupt nicht schlimm finde. Manche Fotografen entwickeln solch spezielle Stimmungen im Fotoshop, ich kriege das mit analoger Fotografie hin», schmunzelt Schmid. Die Schwarzweiss-Bilder entwickelt er stets selbst, seit Jahren meist nach dem gleichen Rezept. Auch dies ein Ritual, welches sich vom digitalen Fotografieren deutlich unterscheidet. «Ich mache stets wenig Bilder und schaue auch nie aufs Display, wenn ich digital fotografiere. Zum Teil entwickle ich einen Film erst ein Jahr, nachdem ich die Bilder gemacht habe. So entsteht eine gesunde Distanz, welche beim Editieren hilft. Zudem habe ich eine viel grössere Beziehung zu meinem analogen Archiv mit einigen tausend Filmen als zu meinem digitalen Archiv, welches aus ungefähr 300’000 Bildern im Lightroom besteht».

Viele dieser Aspekte sind der Grund dafür, dass die Analogfotografie einen Boom erlebt. Junge Fotografen entdecken die Vorteile, die Qualität und die Magie des analogen Fotografierens in einer Zeit, in welcher wir von Bildern überflutet werden. «Heute gibt es eine enorme Bilderflut, oft ähneln sich die Bilder, viele Fotografen kopieren sich gegenseitig. Es sind keineswegs schlechte Fotos, es gibt auch sehr viel sehr gutes Material. Aber analog wäre dies so nicht möglich. Man muss gezielter fotografieren, wartet auf den besonderen Moment. Man muss wissen, was man macht und darf sich nicht frustrieren lassen. Die analoge Fotografie erfordert einen Lernprozess, der oft Jahre dauert». Es ist ein Handwerk welches sich um Chemie, Härte und Grautöne dreht. Es ist dieses spezielle Etwas, welches viele Junge anzieht und manche Ältere wie Roland Schmid nie loslässt.

Foto: Helmut Wachter

https://www.schmidroland.ch/ 

 

Bilder aus dem Osten