Die Eröffnung war ein großes Fest. Viele Freunde, Bekannte und Weggefährten waren zur Vernissage gekommen und konnten erleben, wie der Fotograf seine Erinnerungen zu den präsentierten Bildern zum Besten gab. Auch mit 87 Jahren strotzt er vor Vitalität und berichtet nur allzu gern die Geschichten und Anekdoten hinter den Aufnahmen. Im Mittelpunkt der nun in der Leica Galerie München präsentierten Sternstunden stehen Aufnahmen, die unmittelbar mit der Stadt verbunden sind, als München Dreh- und Angelpunkt der Prominenten, der Stars und Sternchen war. Die Leica Galerie zeigt daher Aufnahmen aus der „wilden Schickeria-Zeit, den Münchner G’schichten mit Kir Royal“, wie der Galerist Stephan Huber bemerkt.

Viele Jahrzehnte zählte Michael Friedel zu den meistbeschäftigten deutschen Fotojournalisten, seine Reportagen und Bilder aus dem Alltag der jungen Bundesrepublik lassen ihn heute als wichtigen Chronisten und Zeitzeugen erscheinen. Bereits im Alter von 19 Jahren erschien 1954 erstmals eine Friedel-Aufnahme von Sophia Loren als Cover der Illustrierten Stern. Im Dezember 1956 folgte sein erster Spiegel-Titel mit Elvis Presley. Viele weitere Prominente sollte er in den nächsten Jahrzehnten fotografieren, viele Motive, die jetzt in München präsentiert werden, sind heute längst legendär, ob von Claudia Cardinale oder Iris Berben, von Klaus Kinski oder Rainer Werner Fassbinder, von Willy Bogner, Uschi Glas, Uschi Obermaier, Franz Xaver Kroetz oder Peter Handke.

Elvis Presley, Probe der Ed Sullivan TV-Show, New York 1956
„Die Jahre vor dem Vertrag mit dem Stern im Herbst 1961 könnte man als eine Art ‚Lehr- und Wanderjahre‘ bezeichnen“, so der Fotograf. „Teil meiner autodidaktisch betriebenen Schulung waren drei selbstfinanzierte Reportagereisen, 1956 in die USA, 1958 nach Brasilien und 1961 zwei Monate nach Nigeria. In den USA blieb ich 1956 sechs Monate.“ Den Auftrag für das Elvis-Porträt hatte er zufällig ergattert: „Zwar hatte ich keine Jobs, dafür genügend Zeit, um mich etwa im New Yorker Magnum-Büro herumzutreiben“, erinnert sich der Fotograf. „In New York war es vor allem Cornell Capa, mit dem ich mich gut verstand. Es war die damalige Büroleiterin, Inge Bondi, die eines Tages einen Anruf von Eberhard Wachsmuth vom Spiegel entgegennahm: Er benötige dringend ein Porträt von Elvis. Kurzerhand machte ich mich auf den Weg, um wenige Straßen weiter ein Fernsehstudio aufzusuchen, in dem für die legendäre Ed-Sullivan-Show geprobt wurde. Ich lief los, den Broadway hinunter, der bereits für Elvis abgesperrt war. Im Studio durfte ich ungehindert die Proben begleiten. Elvis tat, als ließe er sich gegen Kinderlähmung impfen. Das war Teil einer von den Gesundheitsbehörden initiierten Kampagne.“ Über Nacht entwickelt und vergrößert gingen die Abzüge an die Hamburger Spiegel-Redaktion.

Peter Handke, Essen 1966
Ganz cool mit Sonnenbrille und Pilzkopf-Frisur porträtierte Friedel den Autor und Schriftsteller Peter Handke: „Eigentlich ging es um ein Beatles-Konzert in Essen, genaugenommen den legendär gewordenen Beatles-Auftritt am 25. Juni 1966, den ich als Fotograf begleiten sollte. Nicht das Konzert selbst, dafür waren Kollegen abgestellt, sondern die Hysterie rund um die Grugahalle. Mir zur Seite ein junger Schriftsteller und erklärter Beatles-Fan, der den Text zur Stern-Story liefern sollte“, erinnert sich Friedel. „Dass der Österreicher Peter Handke – im Jahr der Aufnahme erregte er sowohl mit seinem Erstlingsroman Die Hornissen als auch mit dem Stück Publikumsbeschimpfung Aufsehen – Jahrzehnte später den Literaturnobelpreis erhalten würde, war natürlich nicht zu ahnen. Aber Selbstzweifel waren ihm schon damals nicht ins Gesicht geschrieben. Insgesamt haben wir uns gut verstanden.“

photokina-Gründer L. Fritz Gruber und der Gestalter Willy Fleckhaus, Köln 1956
„Zwei, die mich in den Anfangsjahren unterstützt und gefördert haben: L. Fritz Gruber, Initiator und langjähriger Leiter der photokina-Bilderschauen. Und im Hintergrund Willy Fleckhaus, Grafiker, Gestalter der gewerkschaftseigenen Jugendzeitschrift Aufwärts und in den 1960er-Jahren legendärer Artdirector des Zeitgeist-Magazins twen.“

Nietenmode: Iris Berben und Harry Lindmeyer, München 1975
„Iris Berben hat bei mir als Model angefangen“, erinnert sich der Fotograf. Hier eine Aufnahme mit Harry Lindmeyer für eine Geschichte über die damals berüchtigte „Nietenmode“.

Charles Wilp, London 1968
„Charles Wilp in seinem Londoner Studio bei Aufnahmen zu seiner berühmten Afri-Cola-Kampagne. Auf dem Glastisch liegt Trockeneis, die Glasscheibe läuft an. Er zeigt den Models, wie sie die Scheibe anhauchen sollen. Nach zehn Versuchen klappte es.“

Porträt Michael Friedel, 1958
Auf seinem sechsmonatigen Trip durch Brasilien konnte Michael Friedel 1958 auch als einer der ersten europäischen Bildreporter die neue Hauptstadt Brasília dokumentieren, die zwei Jahre später offiziell eingeweiht werden sollte. Der damals 24-Jährige traf auf seiner Reise nicht nur den Architekten Oscar Niemeyer, sondern auch ganz locker Brasiliens Präsidenten Juscelino Kubitschek. Ein Leibwächter des Präsidenten fotografierte ihn während holpriger Fahrt auf staubiger Piste.

Michael Friedel, geboren am 5. Juni 1935 in Berlin, entdeckt schon in der Münchner Schulzeit die Fotografie für sich. Nach Laboranten-Praktikum in München und kaufmännischer Lehre bei Agfa ab Mitte der 1950er-Jahre Einstieg in die professionelle Fotografie. Frühe Erfolge als Bildjournalist. Von 1956 bis 1961 freier Mitarbeiter der Illustrierten Quick, danach beim Stern. 1968 Rückkehr nach München. Vor allem als Reisefotograf setzt Friedel mit seinen Farbaufnahmen immer wieder Standards. 1978 Gründung von MM-Photodrucke als Eigenverlag mit seiner Frau Marion, über 20 Publikationen in mehreren Sprachen. Friedel lebt in Dietramszell bei München auf einem alten Bauernhof.
www.michael-friedel.com, © Michael Friedel

Die Leica Galerie München in der Maffeistraße 4 ist Montag bis Freitag von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr und am Samstag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Die LFI 6/2020 präsentierte Michael Friedel als Leica Klassiker.