Zeitlose Atmosphäre, eingefangen in spannenden und kontrastreichen Bildern: Der renommierte Fotograf Mathieu Bitton erklärt, wie seine persönlichen Erfahrungen in Paris die Entstehung seiner neuen Serie Paris Blues beeinflusst haben, die ab dem 13. Januar 2024 in der Leica Galerie Los Angeles zu sehen sein wird.

Paris Blues scheint ihr ganz persönlicher fotografischer Liebesbrief an die französische Hauptstadt zu sein. Wie haben Ihre persönlichen Erfahrungen in Paris Ihre Perspektive in dieser Serie beeinflusst?
Ich wurde in Paris geboren, also ist Paris ein Teil von mir, den ich überallhin mitnehme. Obwohl ich Ende 1987 in die USA gezogen bin, habe ich nie das Gefühl verloren, ein Pariser zu sein. Die Kultur von Paris ist so stark und vielschichtig. Jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, bin ich inspiriert, etwas Neues zu schaffen. Also ja, Paris Blues ist tatsächlich mein Liebesbrief an meine Geburtsstadt.

Die Serie spiegelt Ihre Reise durch verschiedene Facetten dieser Stadt wider. Welche Orte oder Situationen haben Sie am meisten beeindruckt und inspiriert?
Ein großer Teil davon sind die Flohmärkte von Paris, auf die ich seit meiner Kindheit jeden Sonntag gegangen bin und bis heute gehe. Dort wurde ich beeinflusst und habe meine ersten Vinylalben und Filmplakate gekauft. Alle meine Sammlungen fanden dort ihren Anfang. Und wie Sie vielleicht wissen, habe ich eine ziemlich große Sammlung von Schallplatten und Plakaten (und Statuen, Gemälden usw.). Mein Vater ist ein großer Kunstsammler und hat viel auf den Flohmärkten ergattert.

Was ist Ihnen fotografisch gesehen am wichtigsten, um die Essenz von etwas festzuhalten – in diesem Fall die Essenz der Stadt Paris?
Zeitlose Realität. Ich möchte den Moment so einfangen, wie er ist, ununterbrochen, aber mit meinem eigenen Dreh. Schwarzweiß hilft, das Gefühl der Zeitlosigkeit zu verstärken. Manchmal reicht es aus, aus einer weniger offensichtlichen Perspektive zu fotografieren, um ein surreales Bild zu erhalten. Wenn man Glück hat, platziert sich Nebel oder Regen an der perfekten Stelle. Das ist der Hauptgrund, warum ich lieber nicht frage, ob ich jemanden fotografieren darf, bevor ich das Foto mache. Menschen werden sich dann ihrer Selbst bewusst, und der Moment ist vorbei.

Wie hat Ihre Zusammenarbeit mit Musikern wie Mick Jagger, Lenny Kravitz oder Jay-Z Ihren fotografischen Ansatz beeinflusst, besonders im Kontext von Paris Blues?
Ich bin in erster Linie ein Musikfanatiker. Ich sammle Schallplatten, seit ich zehn Jahre alt bin. Mich beeindruckt nicht der Erfolg, sondern das Talent, und heutzutage ist echtes Talent schwer zu finden, weil Computer die meiste Arbeit erledigen. Davon abgesehen kann ich aber ab und zu auch einen guten Popsong genießen. Und Legenden wie Mick Jagger, Lenny Kravitz, Dave Chappelle und junge aufstrebende Künstler wie Bruno Mars und Jorja Smith zu fotografieren – das ist für mich immer ein Privileg. Einige der Fotos sind völlig spontan entstanden (Jagger, Kravitz, Mars, Jorja Smith) und andere wurden in dem Moment inszeniert (Chappelle im Schnee, Jay-Z im Club 79). Aber ich gehe sie genauso an wie jedes andere Motiv. Ich stehe nur unter etwas mehr Druck, um sicherzustellen, dass sie großartig aussehen.

Dabei sind gewiss etliche Fotos entstanden. Wie lief der Entscheidungsprozess für die Ausstellung ab?
Wie immer ist das das Schwierigste. Tausende von Fotos durchzugehen, um sie auf 35 Bilder zu reduzieren, ist eine Art Folter. Es war schwierig, die Berühmtheiten immer auf eine kleine Anzahl von Fotos zu beschränken. Ich wollte nicht, dass sich die ganze Show nur darum dreht. Meine Söhne und andere mir nahestehende Personen haben mir geholfen, wenn ich mich nicht entscheiden konnte, welche Bilder entfernt werden sollen, weil ich an allen hing. Aber am Ende musste ich die Herausforderung annehmen, und ich bin an einen Punkt gekommen, mit dem ich wirklich zufrieden bin.

Wie hat Ihre kulturelle Erziehung in Paris Ihre fotografische Vision im Allgemeinen geprägt – und welche Rolle spielt die Musik dabei?
Ich bin mit Man Ray, Henri Cartier-Bresson, Gordon Parks, Robert Capa, Robert Doisneau, Brassaï, meinem Freund Jean-Baptiste Mondino und so vielen anderen Größen aufgewachsen und mit so vielen großartigen Fotos von Paris, dass es mich wahrscheinlich beeinflusst hat, ohne dass ich es überhaupt bemerkt habe. Musik ist mein Leben, mein Atem, mein Blut. Sie geht Hand in Hand mit der Fotografie. Musik lief in meinen Ohren, während ich auf den Straßen die Bilder fotografierte, die in der Ausstellung zu sehen sind. Radiohead, Chopin, Serge Gainsbourg, Prince, Dvořák, Paco de Lucía, Billie Eilish, Harry Nilsson, Kurt Vile, Pink Floyd, Madlib und viele andere waren spezifische Künstler, die ich beim Fotografieren gehört habe.

Ihre Arbeiten mit Leica Kameras ist weltweit bekannt. Wie beeinflusst die Wahl der Ausrüstung Ihren fotografischen Ansatz?
Leica ist das Beste, was mir passieren konnte. Es hat Jahre gedauert, bis ich mit einer Leica fotografieren konnte, also bin ich sehr stolz darauf, dass ich mit ihnen fotografiere und die Show in den Leica Galerien ausrichte. Wenn ich für Ausstellungen fotografiere, benutze ich normalerweise die SL-, SL2- und SL2-S-Systeme (die sind besser für schwaches Licht). Die Q2 Monochrom und die Q3 sind meine bevorzugten Backstage-Kameras. Das M-System nehme ich immer für die Street Photography, weil es einen wirklich dazu bringt, langsamer zu werden und sich auf den Moment zu konzentrieren. Diese Ausstellung hat M-Fotos von der M8 bis zur M11, da sie ein Jahrzehnt umspannt. Das M-System wird immer mein Favorit sein. Ich kann mir nichts vorstellen, das erfunden wird und mir mehr zusagt als die Ms. Die Präzision und Technik waren perfekt, seit die M3 in den 50ern eingeführt wurde.

Welchen Eindruck möchten Sie mit Ihrem Projekt beim Publikum hinterlassen?
Ich hoffe, sie werden es als eine Erfahrung begreifen und als Fortsetzung meiner Bilder aus dem „real life“ betrachten, die ich 2016 mit Darker Than Blue, meiner letzten Leica Ausstellung, begonnen habe. Mein Hauptwunsch ist es, dass sie sich fühlen, als würden sie nach Paris reisen, während sie in der Galerie stehen, und dass sie für einen Moment auch in mein Leben treten.

Welche Rolle spielt dieses Projekt im Kontext Ihres persönlichen Werks?
Da es meine erste Ausstellung über Paris ist, ist es für mich sehr wichtig. Ich werde es zu meinem nächsten Buch machen, was mir auch helfen wird, weitere Bilder zu teilen. Es ist definitiv ein persönlicheres Projekt für mich. Ich habe sogar ein Foto von meinem kleinen Bruder Sasha, wie er auf einem Trampolin auf einer Pariser Messe sprang.

Der Grammy-Gewinner und Leica Fotograf Mathieu Bitton ist einer der unumstrittensten Vertreter seiner Zunft. Nach seiner Kindheit in Paris zog er im Alter von 14 Jahren in die Vereinigten Staaten – zuerst nach Los Angeles, dann vier Jahre später nach New York. Seine Leidenschaft für Kunst und Musik führte ihn zur Fotografie. Bittons Werk umfasst Porträts, Lifestyle- und Reisefotos, doch sein Herz hat er an die Konzertfotografie verloren. Erfahren Sie mehr über seine Werke auf seiner Webseite und seinem Instagram-Account.