Deanna Templeton beschäftigt sich intensiv mit Jugendkultur und weiblicher Identität. Ausgehend von ihren Tagebüchern hat sie sich auf die Suche nach ihrer Adoleszenz begeben und 17 Jahre lang Mädchen und junge Frauen an verschiedenen Orten fotografiert. Bis zu einem gewissen Grad sieht sie sich selbst in ihnen reflektiert. Ihre Serie What She Said erschien im Januar 2021 bei Mack Press Images. Wir stellen hier einige der Bilder vor und sprachen mit Templeton über das Werden des Langzeitprojekts und die Besonderheiten der Porträtfotografie.

What She Said ist eine Serie über Frauen und wurde unter diesem Titel kürzlich auch als Buch veröffentlicht, das die Aufnahmen mit Ihren Tagebucheinträgen verbindet.
Ja, alle Texte im Buch stammen aus meinen Tagebüchern und Journaleinträgen, die ich im Alter von 14 bis 18 Jahren geschrieben habe. Sie werden in chronologischer Reihenfolge präsentiert. Einige sind mit Porträts gepaart, bei denen ich einfach meinem Bauchgefühl gefolgt bin, welcher Text zu welchem Bild passt. Ich habe ein wenig Angst, dass jemand, der das Vorwort des Buches übersprungen hat, nicht erkennt, dass diese Texte von mir stammen und nicht von den jungen Frauen auf den Fotos. Also, nur für den Fall, die eindringlicheren, sensibleren Texte werden ohne Bild gezeigt.

Was hat Sie bei diesem Projekt angetrieben?
Zunächst einmal ist dieses Projekt entstanden, weil ich schon immer eine Vorliebe für Texte in Verbindung mit Kunst hatte und eine Möglichkeit suchte, sie in meine Arbeit einzubinden. Bevor daraus ein Buch wurde, bin ich auf ein paar Kisten gestoßen, die jahrelang in meinem Schrank standen. Ich habe mir dann angesehen, was ich so lange aufgehoben hatte. Ich stieß auf meine Tagebücher und Journale aus der Zeit, in der ich 14 bis 18 Jahre alt war. Etwa zur selben Zeit fiel mir beim Durchsehen meines Fotoarchivs auf, dass viele der Frauen, die ich fotografiert hatte, einen sehr ähnlichen Look hatten. Dann machte es einfach klick: Die Bilder könnten helfen, meine Jugend in der Zeit zu illustrieren, in der die Einträge entstanden waren. So setzt sich das Buch aus später entstandenen Porträts anderer Frauen, meinen Tagebuch- und Journaleinträgen aus der Teenagerzeit und ausgewählten Flyern von Konzerten, die ich besucht hatte, zusammen. Bei den vielen Porträts von Frauen, die ich fotografiert habe, ging es mir darum, junge Frauen zu finden, die mir Hoffnung gaben. Ich hatte das Gefühl, dass viele dieser jungen Frauen mehr Selbstvertrauen und Selbstliebe besitzen, als ich es in ihrem Alter hatte. Ich war einfach begeistert, das einzufangen.

Wie sind Sie auf den Titel What She Said gekommen?
So heißt ein Song von The Smiths, dessen Text für mich die Welt bedeutete, als ich ihn als Teenager zum ersten Mal hörte. Als sich die Möglichkeit andeutete, dass aus dem Projekt ein Buch entstehen könnte, wusste ich sofort, wie es heißen würde.

Wo sind die Aufnahmen für What She Said entstanden?
Diese Porträts kommen von überall her: aus den USA, England, Frankreich, Italien, Kanada, Russland, Belgien, Deutschland. Meistens war ich gerade unterwegs, als ich diesen Frauen begegnete – mit meinem Mann, auf einer Skateboard-Tour, in einer Kunstausstellung oder bei einem Nachmittagsspaziergang in der Innenstadt von Huntington Beach. Ich versuche, nie ohne meine Kamera aus dem Haus oder Hotel zu gehen. Wenn ich mich nicht irre, entstand das älteste Foto für dieses Projekt 2003 und das jüngste im Januar 2020.

Was macht Ihrer Meinung nach ein gutes Porträt aus?
Eines, das eine Vorstellung davon vermittelt, wer die gezeigte Person ist, eines bei dem man etwas fühlt, ein gewisses Verständnis, eine Verbindung, eines, das anregt, Fragen zu stellen.

Deanna Templeton. Image from What She Said (MACK, 2021). Courtesy the artist and MACK.

Was schätzen Sie an der Porträtfotografie?
Ich mag den Kontakt zu der jeweiligen Person. Ich bin eher ein schüchterner Mensch und fühle mich in kleineren Gruppen am wohlsten. Ich arbeite lieber unter vier Augen. Wenn ich also das Glück habe, Porträts von Menschen zu fotografieren, versuche ich, eine Verbindung zwischen uns herzustellen, auch wenn es nur für einen Moment ist. Und dann ist da noch meine Liebe zur Porträtmalerei, die ich, da ich selbst nicht malen kann, durch meine Fotografie nachzuahmen versuche.

Haben Sie bei diesem Projekt wieder mit Ihrer M6, Ihrer langjährigen Begleiterin, gearbeitet?
Ja, ich fotografiere immer noch mit einer M6 TTL und einem Summilux-M 1:1.4/50 ASPH. Sie ist immer noch meine Favoritin, immer noch die beste. Leise, klar, präzise. Allerdings spiele ich mit dem Gedanken, eine digitale Leica auszuprobieren.

Sie arbeiten in Schwarzweiß und in Farbe. Nach welchen Kriterien wählen Sie aus?
Nach dem Zweck. Schwarzweiß verwende ich gern bei der Street Photography. In die M6 ist immer ein Schwarzweiß-Film eingelegt und das ist die Kamera, die ich so gut wie immer dabeihabe. Aber manchmal, wenn ich zu einer Veranstaltung oder einem Ort gehe, an dem ich viele Leute treffen werde, nehme ich zwei Kameras mit: Die zweite ist meine Mittelformatkamera, und die lade ich normalerweise mit Farbfilm. Manchmal mache ich mit beiden Kameras die gleichen Aufnahmen und warte dann, bis ich die Proofs zurückbekomme, um zu sehen, welche mir besser gefällt.

Wie möchten Sie, dass Ihre Bilder wahrgenommen werden? Was ist für Sie der Zweck Ihrer Fotografie?
Mit diesem Projekt möchte ich erreichen, dass Menschen, die vielleicht ähnlich gedacht oder gefühlt haben, wissen, dass sie nicht allein sind und dass sie es schaffen können, wenn sie sich eine Pause gönnen und sich etwas Zeit geben. Und dass sie vielleicht auch ein bisschen über sich selbst lachen können.

Was können Sie über zukünftige Projekte berichten?
Eines meiner zukünftigen Projekte sind hoffentlich zwei Bände, die Huntington Beach dokumentieren. Mein Mann Ed und ich fotografieren seit über 20 Jahren unsere Heimatstadt und wir dachten, zwei Bände im Schuber wären cool: ein Band für Ed und einer für mich, um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in dem zu zeigen, was wir sehen. Ich habe auch darüber nachgedacht, etwas über meinen Mann zu machen, über unsere fast 35-jährige Beziehung.

Deanna Templeton, geboren 1969, lebt und arbeitet in Südkalifornien. Sie ist bekannt für ihre dokumentarischen und seriellen Arbeiten zu den Themen Jugendkultur und weibliche Identität. Seit den 1990er-Jahren hat sich die Fotografin in ihrem Buch The Swimming Pool (Um Yeah Arts 2016) unter anderem mit dem nackten Körper beschäftigt, mit Street Photography bei Nacht in The Moon Has Lost Her Memory (Super Labo, 2017) und mit ihrer eigenen turbulenten Adoleszenz, die sie in What She Said (Mack Books, 2021) mit der von jungen Frauen kontrastiert, die von 2003 bis 2020 in einem vergleichbaren Alter waren. Ihre Arbeiten wurden in Galerien und Museen weltweit ausgestellt. Erfahren Sie mehr über die Fotografie von Deanna Templeton in ihrem Instagram-Kanal.