Die Australierin Jessie Brinkman Evans möchte, dass die Betrachtenden durch ihre Bilder etwas Neues lernen, aber sie will Vertrautheit und Intimität vermitteln – auch wenn ihnen die Personen oder der Ort völlig unbekannt sind. Eine der schönsten Eigenschaften der Menschheit, sagt die Fotografin, sei, wie sehr sich das Leben auf der ganzen Welt unterscheide, aber trotzdem ähnele.

Was hat Sie nach Grönland geführt?
Seit ich ein kleines Mädchen war, bin ich in die Arktis verliebt, meine Lieblingsbeschäftigung als Kind war jede Dokumentation zu sehen, die das Nordlicht zeigte. Das ging weiter, als ich älter wurde. Mit Mitte zwanzig befand ich mich in einer seltsamen Zeit meines Lebens und ich beschloss, dass es der perfekte Moment wäre, die Arktis weiter zu erkunden. Ich habe mich an die Tourismus-Website Visit Greenland gewandt und einen Monat lang mit ihnen gearbeitet. Seither kehre ich immer wieder zurück.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dort?
Vor der Kälte! Es waren minus 40° Celsius im Winter, meine Ersatzakkus waren warm verpackt, aber selbst dann muss man bewusst und geduldig fotografieren. Wenn man draußen war, muss man darauf achten, dass die Ausrüstung sich langsam an die Zimmertemperatur anpasst. Sonst kann sich Eis bilden, das viele Probleme verursacht.

Welche Bedeutung hat Schnee für die Menschen und ihre Umwelt?
Das lässt sich nur schwer quantifizieren. Er birgt so viel –historisch und kulturell. Schnee kündigt den Winter an und mit ihm kommen wichtige Tiere wie der Narwal. Die Temperaturen fallen, das Meer gefriert und der Hundeschlitten kommt wieder bei der Jagd zum Einsatz oder für Besuche bei der Familie oder Freunden. Beim Fotografieren im Schnee kann es chaotisch werden. Dichte, kleine Flocken können das Fokussieren zu einer Herausforderung machen oder das Bild körnig erscheinen lassen. Fette, große Flocken neigen dazu, am Objektiv kleben zu bleiben – ein Albtraum!

Sie fotografieren Landschaften und die Menschen, die in ihnen leben. Wie bringt man beides zusammen?
Ich näherte mich diesen Aufnahmen, indem ich mich auf die Beziehung zwischen den Menschen und dem Land konzentriere. Die meisten Porträts entstanden im Freien, während sich die Personen mit der Welt um sie herum beschäftigten. Wenn man diesen Punkt erfasst, bringt das die Bilder weiter Landschaften und winzige Details, die für den Kontext aufeinander angewiesen sind, in ein Gleichgewicht.

Sie verwenden oft Weitwinkel- oder Nahaufnahmen.
Ich wollte Tiefe und Maßstab in der Landschaft vermitteln und Details zur Kultur und der Gemeinschaft einbringen, die entweder vom Land bestimmt oder von ihm inspiriert werden. Die Porträts der Bewohner bringen die essenzielle menschliche Note. Ich wollte, dass die Serie insgesamt zusammenhängt, aber dass einzelnen Elemente auch für sich alleinstehen: Sie sollen Betrachtende dazu bringen, Fragen zu stellen oder sich in den Weiten der Arktis zu verlieren.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Leica Q2 und der SL2 gemacht?
Die Q2 habe ich im Mai 2019 gekauft und ich habe sie seither fast immer dabei! Die Farben haben mich so beeindruckt, dass ich im Februar 2020 auf Grönland an einer Serie von Wintertönen ausschließlich mit der Q2 gearbeitet habe. Sie ist ein richtiges Arbeitstier. Und die SL2 ist ein Traum. Ich wollte sie gar nicht wieder an Leica zurückgeben! Die Kamera ist unglaublich benutzerfreundlich und intuitiv. Ich fordere meine Ausrüstung in dieser Umgebung, aber sie hält stundenlang der Kälte stand. Die SL2 hat, ähnlich wie die Q2, einen ISO-Bereich, der sich hervorragend für Aufnahmen bei wenig Licht eignet.

Wie wichtig war Ihnen die Arbeit mit Farbe und Licht?
Farbe und Licht können Sie in eine andere Welt versetzen. Für diese Serie wollte ich das Gefühl von Isolation und Kälte evozieren, aber die Porträts sollten die Wärme der Gemeinschaft bewahren. Manchmal muss man tagelang auf das richtige Licht warten, denn meistens zeigt es sich auf Grönland zufällig und ohne Vorwarnung. In solchen Momenten muss man flexibel sein, welche Pläne auch immer man eigentlich hatte.

Ihre Bilder zeigen die Schönheit der Natur, die Farben im Schnee und das Leben der Bewohner – aber dahinter dräut der Klimawandel.
Wir achten eher darauf, wie sich der Klimawandel auf andere Gemeinschaften auswirkt, wenn wir uns mit ihnen identifizieren können. Diese Verbindung kann so abstrakt sein wie die Träume, die wir für unsere Kinder hegen, oder so greifbar wie der Kaffee, den wir morgens trinken. Diese Verbindungen senken Barrieren und erleichtern uns das Lernen.

Was haben Sie von Grönland nach Australien mitgenommen?
Ich habe mehr über traditionelles Wissen nachgedacht. Das Leben in schnelllebigen Städten bildet einen starken Kontrast zu einem Gespräch mit Jägern, die einen herannahenden Sturm an der Farbe der Berge über dem Fjord erkennen. Es gibt Wissen und Respekt gegenüber einem Land – von dem wir uns verabschiedet haben. Indigenen Gemeinschaften zuzuhören und einen tieferen Zweck in unserer Kultur zu finden – außerhalb unserer Arbeit – ist der Schlüssel zur Bewältigung der meisten unserer globalen Herausforderungen.

Die Fotografin Jessie Brinkman Evans aus Melbourne balanciert ihre Zeit zwischen Editorial-, Stills- und Dokumentarfotografie aus. Sie ist für Kunden wie Parks Canada, Visit Greenland, Condé Nast Traveller und Broadsheet tätig, ihre Aufnahmen sind in Atavist, Vice und Maritime Edit erschienen. Derzeit entwickelt sie eine Einzelausstellung mit Material, das bei ihrem letzten Grönland-Trip entstanden ist. Erfahren Sie mehr über die Fotografie von Jessie Brinkman Evans auf ihrer Website und in ihrem Instagram-Kanal.

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