Im Lauf der Jahre ist der Name Rankin zu einem Synonym für außergewöhnliche Porträts geworden. Der Künstler belässt jedem Gesicht die Möglichkeit, seine eigene individuelle Geschichte zu erzählen – Geschichten, so einzigartig wie die Gesichter selbst.

1991 gründete der leidenschaftliche Leica Fotograf zusammen mit Kurator und Creative Director Jefferson Hack das Avantgarde-Magazin Dazed & Confused. Dort fanden aufstrebende Designer, Stylistinnen, Fotografen und Autorinnen eine Plattform für Innovationen. Dazed & Confused entwickelte sich schnell zu einer führenden Publikation. Im Laufe der Jahrzehnte fotografierte Rankin unzählige Persönlichkeiten von Rang und Namen, von der Politik bis zum Showbusiness, darunter Königin Elizabeth II., Vivienne Westwood, Ewan McGregor, Björk, Heidi Klum und David Bowie. Eine umfassende Auswahl seiner Arbeiten ist bis zum 27. September 2023 im Wetzlarer Ernst Leitz Museum zu sehen.

Rankin sprach mit uns über die Vorbereitungen für die Ausstellung Zeitsprünge, was seiner Meinung nach ein gutes Porträt ausmacht und welche Rolle sein Gegenüber dabei spielt.

Ihre Ausstellung in Wetzlar zeigt Highlights aus Ihrer 30-jährigen Arbeit. Ein großer Teil besteht aus Porträts, oft von prominenten Personen. Wie haben Sie entschieden, was Sie ausstellen wollen?
Es fällt immer schwer, aus eigenen Arbeiten auszuwählen. Ich bin dankbar, dass mir Karin Rehn-Kaufmann (Art Director & Chief Representative Leica Galleries International) und Inas Fayed (LFI-Chefredakteurin) gezeigt haben, was ihnen an meiner Arbeit gefällt und was sich für die Thematik dieser Ausstellung richtig anfühlt.

Was sind Ihre persönlichen Highlights?
Eigentlich ist das alles ziemlich cool. Es ist eine große Ehre, in einem der großen Häuser der Fotografie gezeigt zu werden.

Sie präsentieren auch neue, unveröffentlichte Arbeiten, etwa die Serien Flower und Selfie Harm? Worum geht es dort?
Die Serie Flower habe ich 2020 während des Lockdowns begonnen. Seither greife ich sie immer wieder auf. Ich hatte lange versucht, Blumen zu fotografieren, und schließlich fand ich meinen Weg: Ich begann sie zu fotografieren, als seien sie Menschen, und machte von dort aus weiter. Selfie Harm ist 2018 entstanden.

Neben Ihren Arbeiten für Ausstellungen haben Sie auch über 30 Bücher veröffentlicht. Unterscheidet sich der Auswahlprozess für Ausstellungen und Bücher?
Er ist ziemlich ähnlich. Wenn du ein Buch machst, versuchst du, ein Kunstwerk zu schaffen, das für sich selbst steht, das sich mit den Betrachtenden verbindet. Ich sehe ein Buch immer als eine Art Zeitkapsel und eine Ausstellung als einen Moment im Kopf des Schöpfers.

Was ist Ihre größte Herausforderung beim Fotografieren?
Jedes Mal eine andere. Manchmal ist die Person nervös, manchmal sind es die technischen Aspekte des Shootings und manchmal nur das Wetter! Irgendetwas muss ich immer überwinden, mit Weisheit und Gnade. Niemand weiß also wirklich, dass es ein Problem gibt.

Können Sie sich an all Ihre Porträtsitzungen erinnern? Welche waren die denkwürdigsten?
Nun, ich habe viele gemacht, also ist es schwer, noch alle im Kopf zu haben. Aber an die meisten erinnere ich mich, vor allem an die, bei denen ich es mit unglaublichen Menschen zu tun hatte – wie Vivienne Westwood, Jay Z oder Robert Downey Jr. Gerade Letzterer wollte das Shooting so weit vorantreiben, wie wir es gemeinsam konnten. Es war wirklich aufregend, mit einem so wissbegierigen und engagierten Talent zu arbeiten.

Was macht für Sie ein gutes Porträt aus? Gibt es objektive Kriterien?
Ich glaube, ein gutes Foto ist eines, das man sieht und das sofort ein Gefühl vermittelt. Und, gleich danach, auch zu einem Gedanken führt. Beides bringt dich zum Nachdenken und erinnert dich daran, was du gesehen hast.

Wie entscheiden Sie sich für Farbe oder Schwarzweiß?
Das ist eine instinktive Angelegenheit. Ich habe diese Entscheidung nur selten bereits getroffen, wenn ich in ein Shooting gehe.

Was ist das Gute an Schauspielern oder Musikern, wenn es um Fotografie geht?
Schauspieler sind großartig, wenn man ihnen eine Rolle gibt, sie fühlen sich nie so wohl, wenn sie sich selbst spielen sollen. Musiker neigen dazu, ihre Persönlichkeit noch einmal ordentlich aufzudrehen. Und alle mögen es, wenn das Shooting Spaß macht und schnell vorbei ist!

Was zeichnet ein gutes Model aus? Und welche Person eignet sich für ein gutes Porträt?
Alle großen Models haben ein fantastisches Gespür für sich selbst: Sie wissen, wo die Kamera ist und wie sie sich der Kamera und damit dem Publikum hingeben können. Ein gutes Porträt braucht immer eine Person, die dabei sein und mitarbeiten will.

Ist es einfacher oder schwieriger, jemanden zu fotografieren, mit dem man befreundet ist?
Heute ist es nicht mehr so, aber früher dachte ich, es sei schwieriger. Inzwischen bin ich aber so sehr daran gewöhnt, hinter einer Kamera zu stehen und auf eine Person zu reagieren, dass es mir zur zweiten Natur geworden ist.

Wie entwickeln Sie Ihre Ideen, jemanden in Szene zu setzen?
Normalerweise habe ich eine Vorstellung davon, was ich fotografiere, und habe mit einem Team zusammengearbeitet, um diese Ideen zu entwickeln. Dann geht es nur noch darum, wie es an dem betreffenden Tag aussieht: Es muss sich richtig anfühlen und dann baut man das Bild irgendwie auf.

Was wünschen Sie sich für Ihre Fotografien? Was soll die Öffentlichkeit darüber sagen?
Diese Frage ist zu seltsam, die kann ich nicht beantworten. Ich hoffe, dass die Menschen eine Beziehung zu meinen Bildern entwickeln und etwas von ihnen haben. Ich gehe aber nicht davon aus, dass es das ist, was ich mir vorzustellen versucht habe.

Rankin,1966 als John Rankin Waddell in Schottland geboren, studierte zunächst Betriebswirtschaftslehre. Nachdem er am Barnfield College, Luton, und am London College of Printing „Bachelor of Technology“- und „Bachelor of Art“-Kurse belegt hatte, konzentrierte er sich ganz auf die Fotografie. Gemeinsam mit Kurator und Creative Director Jefferson Hack gründete er 1991 das Magazin Dazed & Confused und 1999 die Dazed Film & TV-Agentur. Im Dezember 2000 brachte er sein eigenes Modemagazin Rank heraus und produziert seit 2011 das Magazin Hunger. 2012 widmete ihm das Leica S Magazin seine dritte Ausgabe. Einige der Motive dort sind auch in der Wetzlarer Ausstellung zu sehen. Der Fotograf, der gern mit Leica Kameras arbeitet, hat viele Werbekampagnen namhafter Marken verantwortet und zahlreiche Fotobücher veröffentlicht; seine Arbeiten wurden weltweit ausgestellt. Er lebt mit seiner Frau, dem finnischen Model Tuuli Shipster, in London. Erfahren Sie mehr über die Fotografie von Rankin auf seiner Website und in seinem Instagram-Kanal.

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