Er gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Meister der kinematografischen Kamerakunst. Die Liste seiner Auszeichnungen ist lang: So wurde er allein 16-mal für den Oscar nominiert, zwei hat er erhalten: 2018 für Blade Runner 2049, 2020 für 1917. Dutzenden Hollywoodfilmen hat er Licht und Farbe verliehen, er ist ein unverzichtbarer Partner für Regisseure wie die Coen-Brüder, Sam Mendes oder Denis Villeneuve. Dass er neben seiner Filmarbeit auch mit seinen Leica Kameras ein Faible für die Schwarzweißfotografie hat, wussten lange Zeit nur wenige. Erst der Bildband Byways, der vor zwei Jahren bei Damiani erschien und eine Sammlung von bis dahin nie gezeigten Fotografien aus vielen Jahrzehnten präsentiert, hat den Kreis seiner Fans noch einmal erweitert. Die Fotografien entstanden in England und auf Reisen, neben seinen weltweiten Filmaufnahmen. In der Monografie mit Schwarzweißfotografien offenbart sich eine neue Dimension seiner visuellen Vision. Einmal mehr zeigen sich hier sein ironischer Blick und seine einzigartige Perspektive auf die Welt. Die begleitende Ausstellung ist jetzt in der Leica Gallery Los Angeles zu sehen.

Welche Rolle hat die Fotografie in Ihrer Karriere gespielt?
Ich liebe es, Bilder zu finden. Ich bin kein Fotograf, und ich werde in diesem Stadium meiner Karriere auch nicht so tun, als ob ich einer wäre. Ich habe fast ein halbes Jahrhundert damit verbracht, mein Leben als Kameramann zu genießen. In dieser Zeit habe ich sowohl Dokumentarfilme als auch etwa 70 Spielfilme aufgenommen. Die Fotografie ist eines meiner wenigen Hobbys geblieben, meistens ist sie eine Ausrede, um stundenlang spazieren zu gehen, die Kamera über der Schulter, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben, außer zu beobachten.

Zu welchen Zeiten finden Sie die besten Motive?
Am liebsten fotografiere ich frühmorgens, bevor viele Leute da sind. Ich bin nicht gut im Umgang mit vielen Menschen.

Welche Bedingungen brauchen Sie, um sich ganz auf die Fotografie zu konzentrieren?
Bedingungen? Ich brauche einfach Zeit, in der ich nicht an einen Film denke, in der ich eine Szene ausleuchten und aufnehmen muss oder in der ich ein Filmprojekt im Kopf habe. Ich liebe Bilder sowohl für das, was sie in mir auslösen können, als auch für die Geschichte, die sie erzählen können. Ich habe schon immer den Prozess geschätzt, das, was mich umgibt, in einem Bild zu interpretieren.

Wann wissen Sie, dass Sie ein perfektes Bild gefunden haben?
Die Entscheidung, wann man ein Foto macht und welches der entstandenen Bilder eine Zukunft hat, verrät etwas über uns als Individuen. Jeder von uns sieht anders. Wir werden von Motiven angezogen, die uns persönlich ansprechen, und unsere Interpretationen unterscheiden sich durch die Wahl des Kamerawinkels und der Komposition. Kann ein Bild ohne eine ausführliche Erklärung, wie und warum es entstanden ist, für den Betrachter die gleiche Bedeutung haben wie für den Fotografen? Vielleicht sollte ein Foto für sich allein stehen.

Früher haben Sie Ihre Bilder selbst entwickelt, heute arbeiten Sie digital: Vermissen Sie Aspekte der analogen Fotografie?
Ich vermisse die langen Nächte in der Dunkelkammer, in denen meine Hände durch den Entwickler immer faltiger und durch den Fixierer immer bleicher wurden! Im Ernst, ich habe es geliebt Abzüge zu machen, aber es ist so viel unmittelbarer, ein Bild mit einer Digitalkamera zu erfassen. Da weiß man in der Regel schon, was man hat, bevor man nach Hause geht. Aber letztendlich ist es meiner Meinung nach nicht wichtig, womit man ein Bild aufnimmt. Der Inhalt des Bildes und die Kadrierung sind das, was wirklich zählt.

Mit welchen Kameras haben Sie gearbeitet?
Ich besitze eine Leica M8, die lange Zeit mein Arbeitstier war, aber auch eine M9 Monochrom und eine Leica Q. Heutzutage arbeite ich hauptsächlich mit der Monochrom-Kamera.

War es schwierig, eine Auswahl für das Buch Byways zu treffen?
Eigentlich nicht. Ich bin ziemlich wählerisch, bevor ich auf den Auslöser drücke, daher war es nicht so, dass ich Tausende von Bildern zur Auswahl hatte.

Welche Themen in der Ausstellung in der Leica Gallery Los Angeles sind für Sie am wichtigsten, bzw. welche gefallen Ihnen am besten?
Natürlich mag ich alle Bilder in der Ausstellung, sonst wären sie ja nicht da. Ich erinnere mich deutlich an den Moment und den Grund, warum ich jedes einzelne Bild aufgenommen habe. Alle sind in gewisser Weise persönlich, aber über einen Zeitraum von 50 Jahren gibt es einige Bilder von der englischen Küste, die meine persönlichsten sind.

Sir Roger Deakins (CBE, ASC, BSC) wurde am 24. Mai 1949 in Torquay, England, geboren. Zunächst studierte er Grafikdesign an der Bath Academy of Art in Bath, Somerset, bevor er die Fotografie für sich entdeckte. In den folgenden Jahren entstanden zahlreiche Fotografien, bevor er 1972 an der National Film School in London sein Studium fortsetzte. Danach begann er, Dokumentationen zu drehen und für verschiedene Fernsehproduktionen zu arbeiten. Seit 1988 ist vor allem in den USA als Kameramann tätig. 2013 ernannte ihn Königin Elizabeth II. zum Commander of the Order of the British Empire, 2021 wurde er für seine herausragenden Verdienste um den Film zum Ritter geschlagen. Die Liste seiner Auszeichnungen ist lang, sein Engagement für den Film vielfältig. 2020 startete er mit seiner Frau James Ellis Deakins einen Podcast, Team Deakins, der sich der Welt des Films widmet. Mehr über seine Arbeiten finden Sie auf seiner Webseite und dem Instagram-Kanal von Team Deakins.

Als erste Monografie seiner Fotografien erschien 2021 Byways, bei Damiani.

Die Ausstellung Byways in der Leica Gallery Los Angeles läuft vom 9. November 2023 bis zum 8. Januar 2024.