Für sie gibt es kein Medium, das Momente, Stimmungen und Emotionen auf eine so besondere Art festhält wie die Analogfotografie. Mit einer Leica M7 und einer Minilux reist die Fußballnationalspielerin nicht nur zu Turnieren, um zu spielen, sondern auch, um schöne und einschneiden-de Momente aus ihrem Leben festzuhalten – selbst wenn sie wie beim WM-Aus in Australien mitunter auch enttäuschend sein können.

Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Bei mir begann die Begeisterung weniger mit der Fotografie an sich, sondern mehr mit dem Konzept der „konservierten Erinnerung“. Meine Mutter hat viele Teile ihres Lebensweges in Fotoalben festgehalten. Ich weiß nicht, wie oft ich mir diese Alben angeguckt habe, auch wenn ich die Bilder schon längst kannte. Einschulung, Abitur, Reisen, Urlaube, Geburtstage – ganze Lebensabschnitte in wenigen Schnappschüssen. Das Gefühl, auf eine Art bei all den Erlebnissen dabei zu sein, faszinierte mich schon früh. Der Fußball gab mir dann das Privileg, durch die Welt zu reisen, und ich weiß noch, wie wichtig es mir damals schon war, diese besonderen Erinnerungen festzuhalten. Zu einer Leidenschaft wurde die Fotografie aber erst, als ich die Analogfotografie für mich entdeckt habe. Während der Corona-Zeit kaufte ich mir meine erste analoge Kompaktkamera. Damit hat dann alles so richtig angefangen.

Was fasziniert Sie an der Analogfotografie?
Für mich liegt der Charme der analogen Fotografie vor allem darin, dass sie authentisch, einzigartig und auf eine besondere Art „unberührt“ ist. Die Europameisterschaft 2022 in England war die erste größere Reise, auf der ich bewusst analog fotografierte. Ich hatte die Kompaktkamera immer und überall dabei, und nachdem ich die Bilder im Nachgang des Turniers entwickelt hatte, war ich begeistert von den Ergebnissen. Auch wenn viele der Aufnahmen verwackelt, unscharf oder einfach schlecht belichtet waren, hatte ich beim Betrachten das Gefühl, ich wäre für den Moment wieder kurz in London. Die Bilder fingen Momente, Gefühle und Emotionen auf eine ganz simple Art und Weise ein. Als wir zurück waren, habe ich recherchiert, was wohl die „beste“ Analogkamera auf dem Markt sei. Sobald ich die Prämie für den Vize-Europameisterschaftstitel auf dem Konto hatte, bin ich damit direkt zum nächsten Kameraladen gelaufen und habe mir meine erste gebrauchte Leica Kamera gekauft: die Leica M7. Das war dann auch der Moment, an dem ich angefangen habe, mich wirklich mit dem „Handwerk“ Fotografie auseinanderzusetzen.

Können Sie Ihren fotografischen Prozess beschreiben?
Die wichtigste Grundlage ist erst mal, überhaupt eine Kamera dabei zu haben. Der Rest passiert dann eigentlich von ganz allein. Wenn ich einen schönen Moment erlebe, regt sich dann meistens von selbst das Bedürfnis in mir, ein Bild zu machen. Ein Beispiel aus meinem Fußballalltag: Wenn wir in der Kabine sind und ein wichtiges Spiel gewonnen haben, hole ich meine Minilux aus der Tasche und halte einfach spontan drauf – auf ein Gesicht oder auf eine Ecke, in der jemand gerade besonders viel Spaß hat. Der Charme dieser Bilder liegt genau darin, dass sie alles andere als perfekt sind. Ein anderes Beispiel wäre einer der Strandspaziergänge, die wir Spielerinnen in unseren freien Stunden in Australien gemacht haben. In solchen Momenten versuche ich, das einzigartige Gefühl zu dokumentieren, das wir dabei empfunden haben: die Ruhe, den Frieden, die Verbundenheit mit der Natur. Ich stelle mich dann manchmal einfach an den Rand, stelle die Schärfe auf ein Motiv ein und warte auf einen Augenblick, der genau das zum Ausdruck bringt: ein besonders schöner Schatten, ein sanftes Lächeln, eine Umarmung.

Was macht einen „guten Blick“ für Sie aus?
Ich glaube nicht, dass ich wirklich beurteilen kann, was ein „guter Blick“ ist. Ich finde, ein gutes Bild ist eines, das man gern betrachtet und bei dem man etwas fühlt. Meiner Erfahrung nach entstehen diese Bilder meistens dann, wenn man auch in dem Moment, in dem man das Foto schießt, etwas fühlt. Das ist im Fußball ganz ähnlich: Den besten Fußball spielt man, wenn man dabei etwas fühlt. Analog bedeutet auch, nie genau zu wissen, welches Ergebnis am Ende dabei herauskommt, ähnlich wie bei einem Fußballspiel …

Das Ergebnis des Fotografierens nicht direkt zu sehen, hat auf jeden Fall seinen Reiz. Ich glaube mir gefällt es so gut, weil dadurch das Bild noch mal ganz anders auf mich wirkt. Es ist wie im echten Leben: So richtig realisieren und wertschätzen kann man einen Moment erst, wenn er schon wieder vorbei ist. So ungeduldig ich manchmal beim Warten auf die Negative bin, mit etwas Abstand ist mir meist viel bewusster, was ich da eigentlich erlebt und dokumentiert habe.

Welche Beziehung gibt es für Sie zwischen dem Fußball und der Fotografie?
Für mich persönlich liegt die Beziehung natürlich auf der Hand. Mit dem Fußball verbringe ich einen Großteil meiner Zeit, dort lebe ich meine Leidenschaft und Träume aus, durch den Fußball schließe ich Freundschaften und sammle unbezahlbare Erinnerungen. Die Fotografie ist für mich mittlerweile aber mehr als nur ein Weg, um das alles festzuhalten. Das Schönste am Fußball ist eigentlich die Gemeinschaft – geteilten Erfolg, geteilte Freude erlebt man doppelt so gern gemeinsam. Deswegen spielt man Fußball in einem Team, deswegen geht man gern ins Stadion oder ist Teil einer Fangemeinschaft. Und deswegen bedeutet es mir inzwischen auch so viel, die auf meinen Reisen entstandenen Aufnahmen zu teilen. Das fing mit meinem Foto-Account auf Instagram (@pictogangg) an und geht jetzt weiter mit der Veröffentlichung von meinem ersten Fotobuch. Das Schönste an Bildern ist eigentlich, wenn man sie teilen kann.

Equipment: Leica Minilux, Leica M7
Buch: Bestellungen unter support@laura-freigang.de

Laura Freigang: Die deutsche Fußballspielerin ist bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag und spielt im Sturm. Zudem ist sie seit 2020 Teil der A-Fußballnationalmannschaft der Frauen. Bei der Weltmeisterschaft in Australien fotografierte sie ihre Mitspielerinnen nicht nur auf dem Platz, sondern auch in Momenten außerhalb des Blickfeldes. Ihr persönliches Buch ist eine Hommage an ihre Mannschaft und an die Fotografie als Medium der Erinnerung.

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@laurafreigang