Die Leica Galerie Stuttgart zeigt noch bis zum 17. Oktober 2020 anspruchsvolle fotografische Werke mit besonderer Ausdruckskraft und geradezu fantastischer Ausstrahlung von Claus Friedrich Rudolph. Wir trafen Claus Friedrich Rudolph und stellten ihm einige Fragen.

Das Hauptmotiv Deiner Ausstellung „Voll.Fett.Lecker“ in der Leica Galerie Stuttgart ist ein Foto mit dem Titel „Es könnte so gewesen sein“ – was hat Dich zu diesem Foto inspiriert und wie kam es dazu?

Da war dieser quälende Traum: alles aufgeräumt, ganz präzise gestapelt und sortiert, doch gleichzeitig war es luftig, leicht und in Bewegung; es war noch dunkel an diesem sommerlichen Morgen, und ich ging erst in die Küche, etwas Wasser trinken. Wieder leicht eingeschlafen, waren die Gedanken noch die Fortsetzung träumend, dies ohne den Körper wahrzunehmen, nur in der Welt der Phantasie… Dann folgte die Realisation der Eindrücke: das Gerüst, der Ballon, die Genehmigungen, und die Darsteller mit den Kostümen. Das Abwarten auf gutes Wetter, damit das Abendlicht zart entlang streifen kann, ohne viel Aufheller einsetzen zu müssen.

Ein Heißluftballon, ein englischer Oldtimer, ein 2 Stockwerke hohes Gerüst, 24 Models in exklusiven Kleidern und Kostümen – ist dieses Foto bisher Dein aufwändigstes Werk?

Sind es wirklich 24? Ok, eine ganze Menge, der Platz war doch so weit und wollte gefüllt werden, außerdem musste ja auch der Ballon geladen werden. Ja, es war ein aufwendiges Werk, aber dies sind alle, auch wenn manchmal nur eine Person auf dem Bild ist, kann teilweise der Findungs- und Entstehungsprozess noch größer sein. Oder es klappt erst der dritte Versuch einer Inszenierung.

Auch Tiere tauchen immer wieder in Deinen Fotos auf. Teilweise sind es sehr exotische Exemplare.
Löwen, Tiger, Büffel, sogar ein Rhinozeros – woher bekommst Du diese Tiere?
Zu dem Tiger im Bild „ Ihr seid alle gleich“, gibt es dabei eine besondere Anekdote?

Raubkatzen sind wunderbar, nur ist alles etwas größer, als bei den Stubentigern, und diese hatte 285kg, und unser Kontakt dauerte schon ein halbes Jahr, bis wir uns in dieser Arbeit vereint haben. Aus Sicherheitsgründen bauten wir eine Wagenburg vor der Zirkuszeltwand auf, denn obwohl diese Dame schon in der achten Generation im Zirkus lebt, ist sie ein wildes Tier, welches die freilebenden Artgenossen bei weitem überlebt, so werden die Tiere in der Natur 12 bis 15 Jahre alt, im Zirkus eher 35 bis 40, und ohne die Zirkuszucht wären die Sumatra-Tiger vor 30 Jahren fast ausgestorben. Und so ist es auch verständlich, dass das absolut leckerste Lockmittel Sprühsahne ist; 18 Dosen hatten wir parat, sechs blieben übrig. Auch als das Tier auf den Tisch sprang und die Teller herabwarf, dabei 32cm vor dem Gesicht von Nono stehen blieb, und dieser erstarrte, den ganzen Tag fast kein Wort mehr hervorbrachte, was in seinem vorigen Leben so gut wie nie vorkam, war es die Sprühsahne, welche das Tier wieder ganz artig auf seinen Platz brachte.

Du arbeitest jetzt seit rund vier Jahrzehnten als Fotograf. Kannst Du uns die Stationen Deiner fotografischen Laufbahn beschreiben und vor allem auch erklären was der Auslöser dafür war, dass Du Dich für die Fotografie entschieden hast?

Erst im Nachhinein konnte ich den Werdegang erkennen, eine künstlerische Ader hatte ich schon immer, auf dem Gymnasium die Eins in Kunst, der Rest eher mäßig; und wenn ich zur Schule musste, wechselte ich die Straßenbahn direkt vor einem Kino, dort wurden auf großen Plakatwänden die Filme vorgestellt, immer mit einem gemalten Bild, welches die ganze Geschichte in einem Punkt ausdrückte. Und dies faszinierte mich, und so wählte ich den Beruf des Plakatmalers, als sie mich aus der Schule geworfen hatten. Ganz handwerklich, von unten an, und die Lehrjahre waren hart, und gingen in eine andere Richtung, als ich es mir vorgestellt hatte. So absolvierte ich noch ein Praktikum als Serigraph, um dann die zweite Ausbildung als Photograph weiterzuführen. Und dieses Studio bot mir damals seine Leica-Ausrüstung an, zwei Gehäuse, sechs Objektive und zwei Sucher in einem klitzekleinen Köfferchen, dieses Gerät mit diesem wunderbaren Klang, der einem nie die Wichtigkeit des Gerätes aufdrückte, sondern das perfekte Instrument zum Festhalten des Moments war, zu einem Preis von DM 2.500,00. Mein Salär waren DM 140,00 im Monat, so war es leider unmöglich, diese Offerte anzunehmen, doch ausprobieren durfte ich sie. Und so war der Grundstein für Leica gelegt.

Gibt es ein Vorbild das Dich fotografisch inspiriert hat?

Am Anfang war dies bestimmt die Filmwelt, und hier besonders Federico Fellini, Peter Greenaway und auch der frühe deutsche Film. Und im Laufe der Zeit verlor sich dieser Einfluss immer mehr, doch die Spuren sind natürlich geblieben.

Die freie Kunst nimmt einen großen Platz Deiner Arbeit ein. Hast Du daneben noch Zeit um andere fotografische Aufgaben zu bewältigen?

Ja klar, neben den vielen internationalen Ausstellungen gibt es immer auch die kommerziellen Aufgaben.

Aktuell benutzt Du eine Leica SL2 Kamera, einige Deiner Aufnahmen sind auch mit der Leica S Typ 007 entstanden. Was gab bei Dir den Ausschlag für Leica und inwieweit unterstützen Dich die Kameras bei der Umsetzung Deiner Projekte?

Die erste Erfahrung habe ich ja oben bereits beschrieben und dies hat mich über 39,5 Jahre nicht mehr losgelassen, in der analogen Zeit war meist das Mittelformat gewünscht und zu Beginn des digitalen Zeitalters war mir die Qualität anfänglich noch nicht genügend. Und dann kam ein langjährig bekannter Kollege und meinte, schau Dir mal die Rottöne und die Tiefe bei der Leica an. Und das tat ich und war begeistert, sah mir alles ganz genau an. Dazu gab es das Gefühl, etwas ordentliches, griffiges, wertvolles in der Hand zu haben, eine gute Gewichtsverteilung und natürlich die sehr spezielle, wunderbare Zeichnung und das Bokeh bei offener Blende, welches bei meinen Portraits der Auftragsarbeiten immer mehr die Leute verzaubert.

 

Claus Friedrich Rudolph wurde am 26.01.1954 in Stuttgart geboren. Von 1972 bis 1974 durchlief er seine Ausbildung bei Karin Weishaupt Matthes. Bis zum Beginn seiner selbstständigen Fotografentätigkeit mit eigenem Studio im Jahre 1982 war er als Assistent in Stuttgart, Düsseldorf und New York beschäftigt. Unter Ivan Nagel war er als Theaterfotograf (1985 bis 1987) tätig.

Dabei wäre Claus Friedrich Rudolph fast in einem anderen Beruf gelandet. Auf seinem Weg zur Schule musste er täglich an einer Straßenbahnhaltestelle umsteigen die unmittelbar an einem Kino lag. Die Darstellungen der damaligen Kinoplakate, auf welchen der Film in vielen Facetten verdichtet abgebildet wurde, übte eine große Faszination auf ihn aus und ließ ihn zunächst die Ausbildung zum Plakatmaler einschlagen. Eine Tätigkeit als Serigraph (Künstlerischer Siebdruck) schloss sich an. Sowohl die Detailvielfalt der Kinoplakate wie auch der Kunstdrucke und die gewissenhafte, penible Ausarbeitung finden sich in seinen Fotografien wieder.

Zusätzlich zu seiner fotografischen Arbeit fand Claus Friedrich Rudolph noch die Zeit sich im BFF (Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter) und VBKW (Verband bildender Künstler und Künstlerinnen Baden-Württemberg) zu engagieren. Seine Werke werden immer wieder auf internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen, z.B. in Russland, der Schweiz und Österreich, China, in den USA aber natürlich auch in Deutschland gezeigt.

Leica SL2

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